„Eine überwältigende Mehrheit von 86 Prozent befürwortet klimafreundliche soziale Normen und 89 Prozent fordert verstärkte politische Maßnahmen. In Ländern, die durch die globale Erwärmung besonders betroffen sind, ist die Bereitschaft, den Klimawandel zu bekämpfen, überdurchschnittlich hoch. In Ländern mit einem hohen Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist die Bereitschaft hingegen niedriger als in anderen Ländern.“
So die Erkenntnis einer Studie der Universität Bonn, des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE in Frankfurt sowie der Universität Kopenhagen vom Februar 2024.
„Die Ergebnisse dieser Studie, erschienen in der renommierten Fachzeitschrift Nature Climate Change, basieren auf einer weltweit repräsentativen Umfrage, die in 125 Ländern durchgeführt wurde und für die circa 130.000 Menschen befragt wurden. Demnach sind 69 Prozent der Weltbevölkerung bereit, einen Beitrag von einem Prozent ihres persönlichen Einkommens für den Klimaschutz aufzuwenden – ein beträchtlicher Betrag für den Klimaschutz.“ (Zur Studie)
89%, das ist eine beeindruckende Zahl, ebenso die 69% und man fragt sich fast automatisch, wenn das so ist, wieso geht im Klimaschutz so wenig weiter. Die überwiegende Mehrheit ist für mehr Klimaschutz und trotzdem wird Klimaschutz derzeit vielerorts zurückgefahren.
Luisa Neubauer meint dazu in der aktuellen Treibhauspost: „Das Problem ist, dass viele von ihnen [den 89%] stille Verbündete sind.“ … Aber: „Wir haben eine planetare Mehrheit von Menschen, die sagt: Wir müssen unsere Lebensgrundlagen erhalten. Durch die Klassen, durch die Geschlechter und durch die Weltregionen hinweg sind sich die Menschen darüber einig.
Das dürfen wir uns nicht kleinreden lassen. Sonst machen wir uns zu Handlangern der Kaputtmacher. Die haben nämlich ein großes Interesse daran, dass wir uns einreden, dass wir eine kleine ökologische Minderheit sind.“ (Zur Treibhauspost)
Es geht also darum, zumindest einen Teil all dieser Menschen, die mehr Klimaschutz befürworten, vor den Vorhang zu holen und zu zeigen: Wir sind die Mehrheit. Die fossilen ‚Kaputtmacher‘, wie Luisa Neubauer sie nennt, sind in der Minderheit. Allerdings: Die Macht ist mit ihnen. Noch. Tritt eine so große Mehrheit ins Scheinwerferlicht und fordert Klimaschutz, kann auch eine sehr mächtige Minderheit nicht standhalten und wird schlussendlich nachgeben.
Und es müssen längst nicht alle sein. Erinnere an die 3,5%-Regel: Wenn mindestens 3,5% in gewaltfreiem Protest ‚auf die Straße gehen‘ bzw. öffentlich aktiv sind und 25% der Bevölkerung die Inhalte des Protests befürworten, ist die Wahrscheinlichkeit, die Protestforderungen gegenüber den Regierenden durchzusetzen, sehr hoch. Also worauf warten.
Es wäre nötig, dass innerhalb weniger Jahre der globale Transport von Personen und Gütern deutlich vermindert wird, und zwar zu Lande, Wasser und Luft. Der Hoch- und Tiefbau müsste sich global stark verringern. Ein System müsste etabliert werden, das Sicherheit schafft, ohne dass weltweit wie verrückt Waffen produziert und erprobt werden. Viel mehr Menschen als heute müssten Land, Forste und Gewässer bewirtschaften, und zwar mit neuen Methoden jenseits der Monokulturen.
Wir leben in einer Blase, deren Balance von Wärmeeinstrahlung und -abstrahlung gestört ist: Eine Art Haut verhindert, dass die Abstrahlung so intensiv ist wie in vorindustriellen Zeiten. Diese Haut wird immer noch dichter. Die Klimaerwärmung geht weiter, während die Bemühungen darauf abzielen, sich an den gegenwärtigen Stand anzupassen. Sie greifen zu kurz.
Vom menschlichen Erfindungsgeist und vom Willen zur gemeinsamen Anstrengung her dürfte es möglich sein, Schlimmeres zu verhindern und eine umfassende Neugestaltung zu schaffen. Wo also wurzelt das Problem?
Viele Menschen haben ökologisches Bewusstsein entwickelt, Fotovoltaik installiert, Essensgewohnheiten geändert, fahren häufiger mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch hinsichtlich Biodiversität ist das Problembewusstsein gestiegen.
Wenig oder gar nichts hört oder liest man davon, dass sich dieses neue Bewusstsein auch in Oligarch(innen?)kreisen manifestieren würde, sei es in den USA, China, Russland oder sonst wo auf der Welt. Sind sie – einschließlich ihrer CEOs – alle völlig ignorant? Wohl kaum. Viel eher könnte es sein, dass ihnen klar ist, was sie ohne viel Risiko tun können uns was nicht. Nicht riskant ist es, Ähnliches wie bisher mit verbesserter Technologie zu tun, so lange dies nicht zu kostspielig ist; oder Neues zu entwickeln. Zu umsatz- und gewinnmindernden Entwicklungen kommt es in wirtschaftlichen Bereichen ständig, aber dass sie ein Unternehmen – etwa aus Gründen der Ökologie oder Biodiversität – absichtlich herbeizuführt, wäre zu viel verlangt; und Konkurrenz würden dies sofort als Chance sehen und nutzen.
Das System hat längst den gesamten Globus durchdrungen, weil es wie kein anderes das Denken auf wirtschaftliche Aktivitäten fokussiert und dabei effizient ist und Innovation fördert. Doch genau diese Stärke ist seine Achillesferse in einer Welt, die endlich ist.