Argumentationshilfen

Gerne leite ich den Newsletter von Parents For Future Germany weiter: „Das Thema „Klima“ genießt gerade nicht die Priorität, die es erfordert. Es gibt viele andere Themen, die die Menschen bewegen.
Doch wenn die For-Future-Gruppen – vernetzt mit weiteren Menschen und Gruppen vor Ort – „Klima“ nicht auf die Agenda setzen, tut es niemand.“

Neben anderen interessanten Themen wird auf Seite 4 ein Thema angesprochen, das wir auch bei den Seniors immer wieder diskutieren, social media. „Argumentationshilfen für social media & co (Teil1): „Wer kennt sie nicht – die immer wiederkehrenden Ausreden, nichts tun zu müssen oder gar die Klimakrise in Frage zu stellen: „Aber die Chinesen…“ „Neue Technologien werden das Klima retten.“ „Ach, die Wissenschaftlerinnen übertreiben doch maßlos…“ „Klimaschutz schadet der Wirtschaft.“
Wir haben nach Netzperlen gefischt und Argumentationshilfen zusammengetragen, die euch in Diskussionen am Infostand, mit Arbeitskolleginnen und auf euren Social-Media-Kanälen schlagfertiger werden lassen. Einen zweiten Teil wird es im Januar-Newsletter geben“

Parents for Future (P4F) Germany – Newsletter

Einstellungswandel zum Klimawandel

So kann es mit mir nicht weitergehen. Das ständige Ankämpfen gegen eine übermächtige fossile Gewalt, gegen den übermächtigen Drang der vielen zu Verleugnung und Verdrängung, raubt mir den Atem, frisst an meiner Substanz. So kann es nicht weitergehen. Entweder ich lass es oder ich komme zu einer anderen Einstellung, so oder so, ich muss was ändern.    

Im Kampf gegen ein übermächtiges Monster, das aus vielen politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und psychologischen Teilen besteht und zu einer Mechanik des Untergangs zusammengewachsen ist, würde ich mich schließlich aufreiben. Würde zwischen den Teilen dieses Monsters zermahlen werden.

Am Anfang der Überlegungen stand das Akzeptieren. Akzeptieren, dass die Zivilisation so wie ich sie kenne und in der ich fast ein ganzes Leben lang gelebt habe, untergehen wird. Entweder durch den dritten Weltkrieg oder etwas später durch die volle Entfaltung der Konsequenzen des Klimawandels, ausgelöst durch unsere Lebensweise der rücksichtslosen Ausbeutung, an der ich, allein durch das Leben in einem der reichen Länder, auch selbst teilgenommen habe. Die Akzeptanz des Untergangs, das heißt nicht Weltuntergang, das heißt, dass die Systeme wie wir sie gewohnt sind, zusammenbrechen und nicht mehr funktionieren, so paradox es klingen mag, die erlebe ich als Entlastung.

‚Wie kannst du nur, denk doch an deine Kinder und Enkelkinder.‘ Ja, das tu ich und ich bin sicher, sie werden ihren Weg finden, ich kann das sowieso nicht für sie machen, ich kann die Welt nicht für sie retten. Sie werden Lösungen finden, mit den Geschehnissen umzugehen, Lösungen, die ich noch gar nicht denken kann, im Kleinen oder im Großen, das bleibt abzuwarten.

Prinzipiell habe ich Vertrauen darin, dass künftige Menschen und Generationen Neues in die Welt bringen und damit auch unerwartete Richtungswechsel in den gesellschaftlichen Prozessen auslösen können. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, der Auflösung staatlich-demokratischer Strukturen. Die Zeit des Umbruchs ist nicht nur die Zeit der Monster (Gramsci), sondern birgt auch die Möglichkeit, Konstruktiv Neues hervorzubringen.

Da halte ich es mit Hannah Arendt:„Hannah Arendts Idee, dass mit der Geburt eines jeden Menschen, eines jeden Gedankens ein ebenso kleiner wie radikaler, jedwede historische Erfahrung und jede Form des Pessimismus widerlegender Neuanfang gemacht ist, gehört zum Unerhörtesten, was die moderne Geschichte des Denkens zu bieten hat“ (Th. Meyer, in: H. Arendt, ‚Die Freiheit, frei zu sein.‘)

So versuche ich meinen Lebensalltag zwischen Untergang und Möglichkeitsräumen zu gestalten, gemeinsam mit meiner Familie und Freund:innen ein gutes Leben zu führen. Und versuche, mich im Rahmen meiner persönlichen Möglichkeiten für Frieden, Demokratie und Klima zu engagieren. Nicht, um das Schwert gegen den feuerspeienden Drachen zu schwingen. Einfach nur, weil es Sinn macht.

_______________________________________________

Ein sehr interessanter Talk zum Thema: Kommt der Klimakollaps? – taz Talk mit Tadzio Müller

Klima und Konflikt

Wieder einmal
Treibhauspost:


„Die Erderhitzung ist ein Multiplikator für bestehende Konflikte, vor allem im Globalen Süden. Höchste Zeit, dass wir Klima, Sicherheit und Frieden zusammendenken. 

Heute geht es […] um einen viel größeren Zusammenhang. Den zwischen Klima, Sicherheit und Frieden. Über diese Schnittstelle sollten wir dringend sprechen, denn während sie in der Klimadebatte noch völlig unterrepräsentiert ist, bestimmt sie heute schon das Leben von Millionen von Menschen.

Die Erderhitzung ist ein Multiplikator für bestehende Krisen und gesellschaftliche Konflikte. Sie ist wie Öl, das in loderndes Feuer gegossen wird – und im schlimmsten Fall ganze Brände verursachen kann.

Das deutsche Außenministerium bezeichnet die Klimakrise sogar als die größte Sicherheitsbedrohung unserer Zeit. Die Art und Weise wie das Klima Konflikte anheizt, ist dabei durchaus überraschend – wie uns ein Graffiti, ein schwurbelnder Onkel und eisige Öl-Vorräte gleich zeigen werden.“
Newsletter ~ 10 Minuten Lesezeit

Wir sind die Schuldner

Wir haben Schulden beim globalen Süden,
nicht umgekehrt.

Foto: Stefan Müller, Flickr

Der Wohlstand des globalen Nordwestens gründet sich zu einem großen Teil auf der Ausbeutung des globalen Südens. Trotzdem geht die hartnäckige Mär, der Süden hätte Schulden beim Norden, Folge eines dominanten kapitalistischen Finanzsystems, das den Kolonialismus im Grunde in voller Härte, nur anders eingefärbt, prolongiert hat.

Das internationale Netzwerk Debt For Climate: „Wir haben eine simple, wenn auch schwer durchzusetzende Forderung: Die bedingungslose Streichung aller Schulden der Länder des Globalen Südens. Die von den Gläubigern wie Weltbank und anderen an uns gerichtete Forderung nach der Zurückzahlung von Schulden erachten wir nicht als legitim. Es ist eher andersrum. Es ist der globale Norden, der eine historische, koloniale und klimatische Schuld gegenüber unseren Territorien trägt. […]
Sowohl Entwicklung als auch Hilfe sind die Verlängerung dieses kolonialen Verhältnisses unter anderen Vorzeichen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und Weltbank spielen seit den 1970er Jahren bei der Konsolidierung einer internationalen Finanzarchitektur eine wichtige Rolle, die zu Privatisierung staatlicher Betriebe und Aufgaben, zur Verarmung der Bevölkerung und Umweltschädigung geführt hat.

medico international: Schuld und Schulden

Zwei Lesetipps

Von ‚Republik Challenge Accepted‘

„Erneut das heisseste Jahr seit Messbeginn, erneut Donald Trump als US-Präsident. Und erneut wurde so viel CO₂ in die Luft geblasen wie noch nie zuvor. Wie steht es ums Klima im Jahr 2024? Bestands­aufnahme in fünf Punkten.“
Zur Lage des Planeten
von David Bauer, Elia Blülle und Sabrina Weiss, 11.11.2024


„Menschen, die gegen Flut und Feuer kämpfen, können es sich nicht leisten, die Hoffnung zu verlieren. Warum sollten wir das tun?“
Wir haben kein Recht, vor der Klimakrise zu kapitulieren
von Rebecca Solnit (Text), Tobias Haberkorn (Übersetzung) und Greta Rybus (Bilder), 16.01.2023

Wir bereiten uns auf Hitze vor…

…doch vielleicht wird es kälter.


Wir leben in einer ‚Kühlhauswelt‘, schreibt Christian Stöcker in Spiegel Wissenschaft: “ Wir sind gerade dabei, diese erdgeschichtliche Phase, das Holozän, sehenden Auges und aktiv zu beenden. Es ist auf der Erde jetzt schon heißer als jemals zuvor in der Geschichte  der Zivilisation.“ Paradox?

Nicht wirklich. „Weil das Erdsystem so komplex ist, gibt es eine ganze Reihe von teils verwirrenden Wechselwirkungen und gigantischen Mechanismen, die die Menschheit erst in den vergangenen ein- bis zweihundert Jahren zu verstehen begonnen hat. Eines davon ist die Nordatlantische Umwälzbewegung (Atlantic Meridional Overturning Circulation, kurz AMOC).“

Diese Umwälzbewegung ist verantwortlich dafür, dass wir in Europa ein mildes Klima haben und das Klima war wie es, im Zeitraum eines Menschenlebens gedacht, bisher war. Das Abschmelzen des Grönlandeises und der kanadischen Gletscher bringt dieses System durcheinander, indem es ungewöhnlich viel kaltes Süßwasser in den Nordatlantik einbringt.

„Wenn die Warmwasserheizung Nordeuropas so schnell schwächer wird oder gar ganz ausfällt, hat das katastrophale Folgen nicht nur für Europa: noch mehr Extremwetter, noch mehr Unberechenbarkeit, große Probleme etwa für die Landwirtschaft. […] Eine solche Veränderung der Ozeanströmung hätte verheerende und irreversible Auswirkungen, insbesondere für die Länder Nordeuropas, aber auch für andere Weltregionen.

Eine Erkenntnis, die eigentlich aufrütteln könnte und motivieren, endlich effiziente Klimamaßnahmen umzusetzen. Allein die Realität scheint anders. Christian Stöcker: „Das Ausmaß der Verantwortungslosigkeit, mit der deutsche Spitzenpolitiker und ihre Berater unterwegs sind, ist atemberaubend und inakzeptabel. Wir reden längst nicht mehr von einer fernen Zukunft, in der die Klimakrise unsere Lebensweise bedroht. Wir reden von einem Zeitraum von wenigen Jahrzehnten, wenn es schlecht läuft.“

Christian Stöcker in Spiegel Wissenschaft: Bedrohte Atlantikströmung AMOC

Das ist echt empörend!

Nachdem wir am schlimmsten anzunehmenden Fall vorbeigeschrammt sind, haben wir es nun mit dem zweitschlimmsten Fall zu tun. Wie das Ö1 Morgenjournal von heute berichtet, beginnen nun die eigentlichen Verhandlungen der drei Parteien: „Das ist ein Apparat von an die 300 Leuten, die jetzt arbeiten, eine Steurungsgruppe, 7 Arbeitsgruppen und viele thematische Untergruppen. […] Die Arbeit der Clustergruppen, wie sie genannt werden, bilden die wichtigen Politikfelder ab, Wirtschaft, Sicherheit und Migration, Mobilität, Teuerung und leistbares Leben, Gesundheit, Arbeit und Pflege, Bildung sowie Außenpolitik mit Frauen- und Demokratiepolitik.“ (Ö1 Morgenjournal 2024-11-19)

So viel Arbeit ohne das Thema Klima? Klima kommt einfach nicht vor. Klima kommt nicht vor! Unglaublich.

In einer Zeit, in der ein klimawandelbedingtes Extremwetter das andere jagt, in einer Woche, in der noch die Welt-Klimakonferenz COP29 tagt, gelingt es diesen 3 Parteien, das Thema Klima einfach so zu ignorieren. Viel schlimmer hätte schlimmst auch nicht sein können. Nicht verschiedenfarbige Ampellichter, die hier aufleuchten, sondern ein einziger Grauton mit ein oder zwei roten Tupfern. Grau rein, grün raus. Klima – kein Thema.

Angesichts der bereits bestehenden Klimawandelfolgen, unzähligen Todesopfern und obdachlos gewordenen Menschen, Zerstörung von Naturflächen, rasantes Artensterben und Gefährdung der Biosphäre, angesichts des akuten Klimanotstands eine Regierung, die das Thema nichteinmal streift, das ist erschütternd. Wer wollte da nicht auf die Straße gehen.

„Frauenpower für den Klimaschutz“ – zdf-doku

Frauen leiden mehr unter dem Klimawandel als Männer. Und sie setzen sich mehr für den Klimaschutz ein. Aber im Planungsteam für die Weltklimakonferenz in Baku saßen nur Männer.

Foto: zdf

Auch bei uns sind vor allem ältere Frauen deutlich stärker von Klimawandelfolgen betroffen als Männer. Viel mehr noch leiden aber Frauen in den ‚Südländern‘ unter den Auswirkungen des Klimawandels: ‚Frauen haben weniger Land als Männer, weniger finanzielle Mittel und weniger Bildung. Das macht sie anfälliger gegenüber den Folgen des Klimawandels. Vor allem in Entwicklungsländern sind mehrheitlich Frauen in der Landwirtschaft tätig. Aber Dürren, Überschwemmungen oder andere Katastrophen bedrohen ihre Ernährungsgrundlagen und Einkommensquellen.‘
Zur ZDF-Doku

Im Juli berichtete der Standard von den Fotografinnen Irene Barlian, Ranita Roy und Lynsey Addario, die mit ihren beeindruckenden Fotografien eine weibliche Perspektive auf die weltweiten Auswirkungen des Klimawandels aufzeigen: Der weibliche Blick auf den Klimawandel

Baku ist gefordert

Wir sind gefordert


Die reichen Verursacherländer haben ihren Wohlstand auf der Ausbeutung von (fossilen) Rohstoffen der eigenen und anderer Länder aufgebaut. Historisch und aktuell sind die sog. Industriestaaten Hauptverursacher der Klimakatastrophe. Viele Länder des globalen Südens haben zur Klimakatastrophe wenig bis gar nichts beigetragen, sind aber von den Folgen überproportional betroffen.

Die einen leben im Luxus und lassen sich an die Wohnungstür liefern, wonach ihnen gerade gelüstet, die anderen zahlen den Großteil der Zeche. Daraus ergibt sich zwingend der Ruf nach Klima/Gerechtigkeit. Wobei es nicht mehr um einen Fonds von 100 Milliarden geht, sondern mindestens um das Zehnfache.

„Die Verhandlungen über das neue Klimafinanzierungsziel (NCQG) stehen im Zentrum der COP29. „Die Klimafinanzierung muss mit den globalen Herausforderungen Schritt halten. Das Ziel muss sich an den tatsächlichen Bedürfnissen orientieren – und dabei geht es um Summen im Billionenbereich, nicht in Milliardenhöhe! Wer zahlt die Rechnung der Klimakrise? OTS

Ein Beispiel: „Im Südsudan sind nach Angaben der Vereinten Nationen 1,4 Millionen Menschen von verheerenden Überschwemmungen betroffen. Hunderttausende seien durch das Hochwasser vertrieben worden, teilte das UNO-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) am Wochenende mit. Hilfsorganisationen zufolge handelt es sich um die schwersten Überschwemmungen seit Jahrzehnten.Hunderttausende im Südsudan vertrieben, News ORF.at

Die Schuldenverteilung wird oft falsch dargestellt. Die reichen Verursacherländer schulden den ärmeren Ländern des Südens, nicht umgekehrt. Wobei vieles gar nicht mit Geld bezahlbar ist. Aber zumindest ein Teil, der möglich ist, könnte jetzt in Baku beschlossen und dann umgesetzt werden. Es ist Zeit, dass wir zurückzahlen, was wir genommen haben.

Dazu braucht es nicht nur einen Beschluss, sondern radikales Umdenken. Wir können sagen ok, da ist vieles schlecht gelaufen und läuft noch immer verkehrt. Aber wir haben jeden Tag die Chance, das morgen anders zu gestalten als das heute. Wenn wir wollen, können wir morgen die Welt wieder vom Kopf auf die Füße stellen.

Radikale Veränderungen auf wirtschaftlicher, politischer und persönlicher Ebene sind nötig. Nicht nur ein bisschen da, ein bisschen dort, ein bisschen hie, ein bisschen da. Im Grunde geht es um eine radikale Neugestaltung unserer Grundhaltung zur Welt, darum, die verlorene Verbundenheit mit Welt wiederherzustellen. Baku – ein tipping point?