So kann es mit mir nicht weitergehen. Das ständige Ankämpfen gegen eine übermächtige fossile Gewalt, gegen den übermächtigen Drang der vielen zu Verleugnung und Verdrängung, raubt mir den Atem, frisst an meiner Substanz. So kann es nicht weitergehen. Entweder ich lass es oder ich komme zu einer anderen Einstellung, so oder so, ich muss was ändern.
Im Kampf gegen ein übermächtiges Monster, das aus vielen politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und psychologischen Teilen besteht und zu einer Mechanik des Untergangs zusammengewachsen ist, würde ich mich schließlich aufreiben. Würde zwischen den Teilen dieses Monsters zermahlen werden.
Am Anfang der Überlegungen stand das Akzeptieren. Akzeptieren, dass die Zivilisation so wie ich sie kenne und in der ich fast ein ganzes Leben lang gelebt habe, untergehen wird. Entweder durch den dritten Weltkrieg oder etwas später durch die volle Entfaltung der Konsequenzen des Klimawandels, ausgelöst durch unsere Lebensweise der rücksichtslosen Ausbeutung, an der ich, allein durch das Leben in einem der reichen Länder, auch selbst teilgenommen habe. Die Akzeptanz des Untergangs, das heißt nicht Weltuntergang, das heißt, dass die Systeme wie wir sie gewohnt sind, zusammenbrechen und nicht mehr funktionieren, so paradox es klingen mag, die erlebe ich als Entlastung.
‚Wie kannst du nur, denk doch an deine Kinder und Enkelkinder.‘ Ja, das tu ich und ich bin sicher, sie werden ihren Weg finden, ich kann das sowieso nicht für sie machen, ich kann die Welt nicht für sie retten. Sie werden Lösungen finden, mit den Geschehnissen umzugehen, Lösungen, die ich noch gar nicht denken kann, im Kleinen oder im Großen, das bleibt abzuwarten.
Prinzipiell habe ich Vertrauen darin, dass künftige Menschen und Generationen Neues in die Welt bringen und damit auch unerwartete Richtungswechsel in den gesellschaftlichen Prozessen auslösen können. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, der Auflösung staatlich-demokratischer Strukturen. Die Zeit des Umbruchs ist nicht nur die Zeit der Monster (Gramsci), sondern birgt auch die Möglichkeit, Konstruktiv Neues hervorzubringen.
Da halte ich es mit Hannah Arendt:„Hannah Arendts Idee, dass mit der Geburt eines jeden Menschen, eines jeden Gedankens ein ebenso kleiner wie radikaler, jedwede historische Erfahrung und jede Form des Pessimismus widerlegender Neuanfang gemacht ist, gehört zum Unerhörtesten, was die moderne Geschichte des Denkens zu bieten hat“ (Th. Meyer, in: H. Arendt, ‚Die Freiheit, frei zu sein.‘)
So versuche ich meinen Lebensalltag zwischen Untergang und Möglichkeitsräumen zu gestalten, gemeinsam mit meiner Familie und Freund:innen ein gutes Leben zu führen. Und versuche, mich im Rahmen meiner persönlichen Möglichkeiten für Frieden, Demokratie und Klima zu engagieren. Nicht, um das Schwert gegen den feuerspeienden Drachen zu schwingen. Einfach nur, weil es Sinn macht.
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Ein sehr interessanter Talk zum Thema: Kommt der Klimakollaps? – taz Talk mit Tadzio Müller