„Lohnt sich Klimaaktivismus noch?“

Tadzio Müller
und
Carla Hinrichs
im Gespräch

Ein Denkanstoß
zum Weiterreden



Im Rahmen des taz lab in Berlin am 26.4.2025 diskutierten die beiden über die Frage „Lohnt sich Klimaaktivismus noch?“

Tadzio Müller schreibt in seinem Newsletter:
„Zuerst mal: ja, die Klimakatastrophe ist unaufhaltbar, und ja, “für eine bessere Klimapolitik auf die Straße gehen” bringt nix mehr. Stimmt zwar beides, aber die Kausalität ist nicht “Klimakatastrophe ist da, deshalb bringt es nix mehr, für eine bessere Klimapolitik auf die Straße zu gehen […] Der Grund, warum es nichts mehr bringt, für “bessere Klimapolitik auf die Straße zu gehen”, ist dementsprechend nicht physikalisch oder klimatologisch: er ist psychologisch.
[…]
Denn Deutschland ist, wie wir mittlerweile alle wissen, am Klimaschutz ebenso gescheitert, wie jede andere reiche Gesellschaft auf der Welt. Und da das Gespräch, das die Klimabewegung mit Deutschland führt, immer wieder auf das Thema Klimaschutz zurückkommen muss, also auf das Thema, an dem wir gescheitert sind, wird uns jede Aktion, jede Demo der Klimabewegung, in der Menschen “für eine bessere Klimapolitik auf die Straße gehen”, an unser Scheitern erinnern, mithin negative Gefühle auslösen. Negative Gefühle will niemand spüren, also wird die Reaktion auf unseren Aktivismus im besten Fall Ignoranz sein, im schlechtesten Fall aggressive Gegenwehr.
[…]
… dass es natürlich Arten von “Klimaaktivismus” gibt, die sich noch lohnen. Meist ist das dann die Art von Aktivismus, die eben nicht appellativ ist, sondern selbst die Macht aufbaut, eine Veränderung herbeizuführen, oder etwas schlechtes zu verhindern.“

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Carla Hinrichs im Interview mit der taz:
„Weitermachen ist ein guter Punkt. Wenn man sich die Weltsituation anguckt, könnte man auch einfach sagen: „OK, jetzt nicht weitermachen, sondern aufgeben“. Wir haben entschieden: Jetzt erst recht weitermachen! Egal, wie schlimm es um uns herum aussieht. […] Wenn sich die Situation aber verändert und der Feueralarm nicht mehr reicht, sondern das Haus lichterloh brennt, dann müssen wir uns fragen: Wie schaffen wir es, das Feuer zu löschen? Wie kriegen wir die Menschen da raus?
[…]
Unsere Demokratie ist nicht demokratisch genug. Viele ältere Männer sitzen im Bundestag, die meisten sind Juristen und fast alle sind weiß. Wen repräsentiert das denn? Es ist viel zu sehr ein System der Profitinteressen und nicht ein Aushandeln wie wir mit einander leben wollen, wie es eigentlich sein sollte. Lobbys haben unglaublichen Einfluss, und Großkonzernchefs können sich einkaufen.

[…]
Dem wollen wir jetzt ein demokratischeres Konzept gegenüberstellen: Wir machen unser eigenes Parlament, nämlich das „Parlament der Menschen“. Wir losen eine Gruppe aus, die möglichst repräsentativ für Deutschland ist. Die kommt dann zusammen und erarbeitet ernsthafte Lösungen miteinander. Weil wir nicht die Kontakte aller Menschen in diesem Land haben, ist das beim ersten Mal natürlich nicht ganz repräsentativ. Aber beim nächsten Mal laden wir noch mehr Menschen ein. Wir klopfen an Türen und gehen gezielt auf marginalisierte Gruppen zu. So werden wir mit jedem neuen „Parlament der Menschen“ Schritt für Schritt repräsentativer. […] Wir müssen als Bürger:innen dem System unter die Arme greifen.
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Ein Gedanke zu „„Lohnt sich Klimaaktivismus noch?“

  1. Unbedingt weiter machen in persönlichen Gesprächen. Unwissenheit herrscht leider rundherum. In Gesprächen merke ich, dass wenige wissen, dass z.B. der Grundwasserspiegel mit jedem Tunnelbau sinkt. Und es ist ein Unterschied, ob ein Tunnel für ein Massenverkehrsmittel gebaut wird, oder für Individualverkehr. Auch die Wiener Bausünden müssten unter das Volk gebracht werden: Reinhard Seiß, Raumplaner.

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