Offener Brief an die Redakteur:innen von „Heute“

Betreff:
Falschdarstellungen
der Klimaproteste

Foto: Markus Winkler

Sehr geehrte Redakteure und Redakteurinnen!

Mit Entsetzen lese ich in „heute“ diese Schlagzeile:
„Rettungsauto bei Klima-Aktion blockiert – Patient tot.“

Ich weiß, dass es eine entsprechende Meldung der Polizei gegeben hat, dann hätten Sie aber sofort ein Dementi schreiben müssen, sobald bekannt wurde, dass die Aktion nichts mit dem Tod des Patienten zu tun hatte.

Anstattdessen am 11.5.23 diese Schlagzeile:
„Toter nach Klima-Protest, jetzt kommt Wahrheit ans Licht.“

Jede Heute-Leserin, die die erste Schlagezeile gelesen hat, interpretiert die zweite als Bestätigung für die Mitschuld der Klima-Aktion. Noch dazu schreiben Sie im Textteil dann im Konjunktiv, es ‚dürfte‘ kein kausaler Zusammenhang bestehen, obwohl zu diesem Zeitpunkt schon bekannt gewesen sein müsste, dass keiner bestanden hat.

Solche Berichterstattung, geprägt von Falschmeldungen und Manipulation, überschreitet für mich die Grenze des Erträglichen.

Ich plädiere dringend an Sie, Ihre Haltung zu überdenken und zu einem verantwortungsvollen Journalismus zurückzukehren. Gerade Sie, die Sie ja ein eigenes Klima-Ressort eingerichtet haben, wissen doch um die Dringlichkeit der Klima-Problematik Bescheid und Sie wissen ebenfalls, dass unsere Regierung nichts oder viel zu wenig tut, um gegenzusteuern.

Nichts anderes wollen die Klima-Aktivisten, als auf diesen Zustand aufmerksam machen. Und zwar auf friedliche und stets sehr umsichtige Art und Weise.

Im Sinne eines Journalismus, der als vierte Macht in der Gesellschaft Verantwortung übernimmt, wäre es eigentlich geboten, diese Anliegen zu unterstützen und nicht zu hintertreiben. Sie tragen Mitverantwortung dafür, wie die Bevölkerung zum Thema Klimakatastrophe steht, und die Haltung der Bevölkerung, der sog. ‚breiten Masse‘, zu Klimaschutzmaßnahmen ist ein wesentlicher Faktor für die Effizienz der Umsetzung.

Ich bin sicher, Sie wissen das alles.
Bitte handeln Sie danach.

Stephan Burgstaller
für die Seniors for Future

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PS: Auch eine Schlagzeile wie heute: „Klima-Kleber mit multipler Attacke auf Wien“ ist keine Berichterstattung, sondern reines Schüren von Aggressionen. Medien, die so agieren, sind mitverantwortlich dafür, wenn das gesellschaftliche Klima aggressiver wird. Zur Erd-Erhitzung die Gesellschafts-Erhitzung. Keine gute Taktik. Sie spaltet Gesellschaften, schafft Fronten und untergräbt die Demokratie. Medien sollten nicht spalten und Fronten schaffen, sondern eine Vielfalt von Perspektiven, Informationen und Sichtweisen anbieten, um den gemeinsamen gesellschaftlichen Diskurs und damit eine demokratische Grundhaltung zu fördern.

2 Gedanken zu „Offener Brief an die Redakteur:innen von „Heute“

  1. Lieber Stephan, vielen Dank für das Schreiben an „Heute“.
    Auch ich und viele meiner Freund und Bekannten teilen die Kritik an einem sog. Journalismus, der die Gesellschaft nur spaltet und nur Unfrieden stiftet – nur um Geld zu machen; die Gier der Fellners scheint unermesslich zu sein!
    Das Problem stellt sich aber so dar, dass derartige, bewusst gestreute (Falsch-)Meldungen sich sofort einprägen und bei den (entsprechenden) Empfängern festsetzen. Da helfen (leider) Dementis nur eingeschränkt.
    Trotzdem vielen Dank, wir müssen stets unbequem sein!!!
    Liebe Grüße
    Andreas

    1. Ich weiß. Der erste Eindruck pickt und bleibt. Ein Dementi hätte höchstens eine Chance, wenn es die gesamte Frontseite füllt. Das passiert natürlich nicht. Trotzdem finde ich, so eine schamlose Verantwortungslosigkeit darf man nicht einfach so stehen lassen.

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