Kollaps oder was?

Ich sitze an der Bushaltestelle, auf der anderen Straßenseite hält ein Wagen der 48er, Müllabfuhr. Einer steigt ab und wartet neben dem Wagen, der andere geht ins Haus und kommt mit zwei Mistkübeln zurück. Sie hängen sie hinten am Wagen ein, ein Hebel wird betätigt, die Kübel werden hochgehievt, gekippt und geschüttelt, der Inhalt entleert sich ins Innere des Müllwagens. Die Kübel werden wieder abgestellt, einer bringt sie zurück in den Hof, während der andere auf das schmale Trittbrett am Wagenende steigt und der Fahrer zum nächsten Haus chauffiert, wo sich das Ganze wiederholt.

Die ‚Kollaps-Bewegung‘ wächst beständig und bekommt viel Zuspruch aus der jüngeren Generation. Die Einordnung ist mir nicht ganz klar. Ist sie Teil der Klimabewegung (aus der heraus sie entstanden ist), steht sie neben der Klimabewegung oder gegen die Klimabewegung, eine Weiterentwicklung? Nicht wie wir die Klimakatastrophe eindämmen, sondern wie wir im Kollaps in Gemeinschaft (über)leben können, ist da die Frage.

Ich warte immer noch auf den Bus und denk mir, was wohl wäre, wenn die Müllabfuhr nicht mehr regelmäßig kommt. Wenn es zu wenig Sprit und Strom gäbe, um eine gut funktionierende Müllabfuhr zu betreiben. Müll würde sich anhäufen, in den Straßen und Innenhöfen würde sich Gestank verbreiten und vielleicht, wenn es lange dauert, würden sich Leute zusammentun, um den Müll aus der Stadt hinauszuschaffen.

Kollaps geschieht nicht wie in einem Hollywoodfilm, wir wachen morgens auf und die eine Hälfte der Welt ist von Eis überzogen, die andere wird überschwemmt oder verbrennt. Das ist Fiction. Selbst wenn ein klimatischer Kipppunkt erreicht ist, wäre Grönland nicht morgen eisfrei. Das dauert. Schwierig an den Kipppunkten ist nur, dass sie unumkehrbar sind, aber sie lösen nicht sofortiges Chaos aus. Vielleicht geht ein Abgleiten in chaotische gesellschaftliche Zustände bei sozialen Kipppunkten um einiges schneller, ich weiß es nicht. Vermutlich.

Wenn von Kollaps die Rede ist, heißt das vorerst nur, dass Selbstverständlichkeiten unseres Alltags nicht mehr funktionieren. Zum Beispiel die Müllabfuhr, das öffentliche Verkehrsnetz, die Supermärkte in erreichbarem Umkreis oder auch die umfassende Energieversorgung. Soweit ich die Kollaps-Bewegung verstehe, geht es darum, sich auf solche Situationen vorzubereiten, um sie gemeinschaftlich zu bewältigen und einen Kampf jeder gegen jede zu vermeiden, um auch im gesellschaftlichen Chaos solidarisch handlungsfähig zu bleiben.

Und was heißt das jetzt für die Klimabewegung? Wenn der Kollaps bereits begonnen hat, macht es doch keinen Sinn, weiter gegen den Klimawandel anzukämpfen, alles dreht sich um’s Überleben. Das wäre vielleicht der Fall, wenn es ein Fiction-Film-Kollaps wäre, ist es aber nicht.

Teile des selbstverständlich funktionierenden Alltags können zeitweise oder für länger nicht funktionieren und wir müssen Wege finden, damit umzugehen. Und Wege, wie wir die Funktion wiederherstellen oder ersetzen bzw. den Ausfall weiterer Systemteile verhindern, wie wir mit gesellschaftlich chaotischen Zuständen konstruktiv umgehen und ihnen entgegenwirken können.

Teile eines bisher als selbstverständlich hingenommenen Klimasystems könnten nicht mehr funktionieren (oder haben sich in Teilen bereits funktional verändert) und wir müssen Wege finden, mit den Folgen umzugehen. Und Wege, wie wir ein Fortschreiten der Katastrophe vermeiden oder zumindest verzögern können. Der Kampf um jedes Zehntel Grad ist keine hohle Phrase. Ein Zehntel Grad weniger bedeutet weniger Hitze, Dürre, Waldbrände, extreme Wetterereignisse, weniger Schäden an Mensch und Natur.

Einige Anhänger:innen der Kollaps-Bewegung würden es vermutlich anders sehen, aber ich finde, Klima- und Kollapsbewegung sind weder neben- noch gegen- oder hintereinander und es geht nicht um entweder oder. Die beiden Bewegungen ergänzen sich. Es braucht beide.

Lass uns reden #5

„Wenn’s die Dänen können, können’s wir wohl auch.“
„Nicht, solange die Regierung die Sache nicht ernst nimmt. Mit individuellem Schnitzelverzicht und ein bissl rumreden kommst du da nämlich nicht weiter und wenn du noch so fest mit dem Fuß aufstampfst. Da braucht es schon einen massiven Handabdruck, um …“
„Handabdruck? Was ist denn das schon wieder.“
„Heißt einfach, dass du Aktionen setzt, die nicht nur dein eigenes Verhalten betreffen, sondern darüber hinaus etwas bewirken sollen, Freundeskreis, Verein, Gemeinde, Politik und so weiter. “
„Versteh. Aber dann wäre das, also wenn wir so drüber reden, auch ein Handabdruck. Zumindest wenn ich nicht ständig nur dagegen red‘ und ein bisschen Veränderungs-Bereitschaft zeigen würde.“
„Könnte man so sagen, ja. Apropos, wie steht’s um deinen Beschluss, mehr Fleisch zu essen?“
„Mehr??“
„War ein Witz.“
„Du glaubst mir das nicht, weiß ich eh, aber ich bemüh mich wirklich. Jedenfalls kauf ich weniger Wurstwaren und ess‘ nur noch 2 oder 3 Mal die Woche Fleisch.“
„2 oder 3 Mal, naja. Die Rinder rülpsen und furzen uns die Atmosphäre voll und aus der Schweinescheiße entweicht dank einiger fleißiger Mikroben Methan und Lachgas.“
„Jetzt mach ich endlich was und du meckerst wieder nur. Fair ist das nicht.“
„Unfair ist, wenn die wohlhabenderen Menschen immer mehr Fleisch verzehren, wodurch sie den Klimawandel antreiben, den die ärmeren Menschen besonders stark zu spüren bekommen, obwohl sie viel weniger dazu beitragen. Ist das fair?“
„Schon gut.“

„Aber ich wollt‘ eigentlich was anderes sagen. Weil du gemeint hast, unser Reden hier, sei ein Handabdruck. Stimmt schon irgendwie, bloß für einen Beschluss zur Einführung einer CO2-Steuer in der Landwirtschaft zum Beispiel, wie in Dänemark, da braucht es schon mehr.“
„Eine Besteuerung der Kuhfürze? Ich seh das Problem eher in der Gier der Schwellenländer. Die wachsen so schnell und wollen halt auch das Luxusleben führen, das wir ihnen jahrzehntelang vor die Nase gehalten haben. Zum Beispiel Fleisch essen wann und wo und wie oft und wie viel sie wollen. Ist ja auch irgendwie verständlich.“
„Schon, nur werden inzwischen mehr als 1.5 Milliarden Rinder und knapp 1 Milliarde Schweine gehalten. Stell dir mal diese Menge an Gasen vor.“
„In meinem Hinterhof möchte‘ ich es nicht haben. Aber wie haben die das geschafft, die Dänen, ohne dass die Bauern mit ihren Mega-Traktoren das Regierungsgebäude plattgewalzt haben?“


„Ganz einfach. Sie haben mit den Leuten geredet.“
„Geredet? Haben wir doch auch. Sage nur Klimarat.“
„Genau. Und noch vor dem Ende der letzten Sitzung hat die ÖVP verlauten lassen, was ihr sagt’s ist uns scheißegal. Der ÖVP-Klimaschutzsprecher hat die Einsetzung des Klimarats selbst mitbeschlossen und ließ kurz vor Schluss in den Medien verlauten, er halte den Klimarat für absolut untauglich und die Ergebnisse hätten für ihn keine Relevanz. Meinst du das damit, mit den Leuten reden?“
„Kann mich eh erinnern. Da haben sich aber auch viele darüber aufgeregt.“
„Aufgeregt, ja. Hat uns halt wiedermal ganz deutlich die eigentliche Haltung vor Augen geführt. Die begegnen den Bürgerinnen und Bürgern nicht mit Respekt und auf Augenhöhe. Sie …“
„Ge, aber wer tut denn das schon von den anderen Parteien, die sind doch alle gleich.“
„Die Dänen zum Beispiel haben einen anderen Weg versucht. Die haben in einem zweijährigen Prozess mit allen betroffenen Bürger:innen und Interessensgruppen geredet.
„Klingt mir ein wenig simpel.“

„Natürlich gab’s auch Widerstand, die Agrarindustrie hat versucht, zu verhindern, es gab Bauernproteste.  Aber das Klimagesetz hatte die Zustimmung von 8 von 10 im Parlament vertretenen Parteien, das sind 95%. Das erreichst du nur mit reden, reden, reden. Und auf dieser Basis konnte dann die Einführung der CO2 Steuer ab 2030 für die Landwirtschaft beschlossen werden – weil mit allen betroffenen Personen, Institutionen, Unternehmen, Interessensvertretungen etc. geredet wurde. Auf Augenhöhe. In einem zweijährigen Prozess.“

„Die Zeit haben wir nicht.“
„Demokratie braucht Zeit, und die müssen wir uns nehmen. Nur so kommen wir zu Beschlüssen, die dann auch wirklich halten.“
„Hast du unseren ‚Klima‘-Minister im Interview gehört? Da scheint mir so ein Prozess eher wie ein frommer Weihnachtswunsch, aber nichts, das sich umsetzen lässt. Reden mit Bürger:innen – keine Spur.“
„Weißt du wie die Debatte zum Klimagesetz in Dänemark entstanden ist? Durch eine Bürgerinitiative, eine Petition. 50.000 Unterschriften, es musste im Parlament verhandelt werden. So hat das angefangen.“

„Bürgerinitiative. Der Klimarat war zwar keine Bürger:innen-Initiative, weil vom Ministerium in Auftrag gegeben, aber doch eine Sache, wo Bürger:innen die Gelegenheit bekamen, mitzureden. Hätte man gedacht, dann ist es anders gekommen. Sie wurden ignoriert, nichts wurde umgesetzt. Jetzt hat SEIN Ministerium einen Entwurf erstellt, worüber dann im Herbst mit den Koalitions-Parteien geredet werden soll, einen Klimafahrplan wollen sie machen, eine ministerielle Steuerungsgruppe, … viel heiße Luft. Mit Bürger:innen reden? Auf Augenhöhe? Nö.“
„Unglaublich, ja. Inhaltlich hat er genau nichts gesagt. Demokratieverständnis, Klimabewusstsein null. Einbindung von Bürger:innen in demokratische Prozesse wird nicht einmal angedacht.“
„Er bedient seine Klientel, so lauft das halt.“
„In Autokratien.“
„Auch bei uns. Und jetzt? Zuschauen wie der Klimaschutz den Bach runtergeht? Ihm war ja schon das Wort Klimaschutz zuviel. Jetzt heißt es Klimagesetz. Mit dieser Regierung ist kein Klimaschutz zu machen, das heißt vier verlorene Jahre. Bei dem rasanten Fortschreiten der Klimakatastrophe ein Wahnsinn und absolut unverantwortlich.“
„Ist es. Ja. Doch auch bei uns gibt es eine Zivilgesellschaft. Die muss jetzt mal einen kräftigen Handabdruck hinterlassen und die Regierung zum Umdenken bewegen.“
„Und wie willst du das machen?“
„Weiß ich noch nicht. Aber es scheint mir der einzige Weg zu sein. Wir müssen uns zusammentun.“

Hat sich denn was geändert?

Geschichten vom Klimawandel


Ein Leser schickt zum Beitrag vom 20. Juni 2025 folgende Geschichte:
Ich wuchs in einem Bauerndorf auf, gut 30 Kilometer nördlich der Stadt Salzburg. Im Mai bestand ein besonderes Vergnügen darin, in der Abenddämmerung Maikäfer zu fangen. Da gab es etwa eine halbe Stunde, in der krochen sie aus der Erde und kletterten auf Grashalme, um von dort aus auf die Bäume zu fliegen. Abzuheben fiel ihnen schwer, und es war geräuschvoll. Da hatte man eine Chance, sie zu erwischen. Anschließend verglichen wir, wer wie viele erwischt hatte, meist zwischen 10 und 20. 
Eine weitere Chance gab es am Morgen, bevor man sich auf den Weg zur Schule machte. Da waren die Käfer steif vor Kälte und fielen zu Boden, wenn man einen Baum oder Ast schüttelte. Dann ging man zu den Hühnern, von denen man umringt wurde, sobald man begann, die Käfer auf den Boden zu schütten. 
Seit Jahrzehnten sehe und höre ich keine Maikäfer mehr. Wie es scheint, bleiben heuer auch die Leuchtkäfer aus.

Füge eine kurze Erinnerung an:
Ist man in meiner Jugendzeit (1970/80er) mit höherer Geschwindkeit mit dem Auto gefahren, war die Windschutzscheibe schon bald von Insektenleichen verklebt. Bei längeren Fahrten wurde die Scheibe zwischendurch gereinigt, um wieder freie Sicht zu haben. Heute ist das kein Problem mehr. Die Windschutzscheibe bleibt frei von Insekten, einfach weil es sie in dieser Anzahl nicht mehr gibt.

„Weltweit sind inzwischen 40 Prozent aller Insektenarten vom Aussterben bedroht. Aber auch Arten, die bisher nicht vom Aussterben bedroht sind, werden immer weniger. Innerhalb von 27 Jahren ist die weltweite Biomasse aus Insekten um 76 Prozent zurückgegangen. Und jedes Jahr verlieren wir mindestens weitere 2,5 Prozent. Schmetterlinge, Hautflügler, Libellen, Eintagsfliegen und Dungkäfer gehören zu den am stärksten bedrohten Arten.“ (WWF: Das stille Sterben der Insekten)

Insekten können manchmal ziemliche Plagegeister sein, haben aber im gesamten Ökosystem eine wichtige Funktion inne, u.a. für die Bestäubung. Sie sind nicht ersetzbar. Ein empfehlenswerter Vortrag des Bilogen Mark Benecke zur Thematik: M. Benecke -Das grosse Artensterben- (re:p 2022)

Kennst du ähnliche Geschichten aus eigener Erfahrung? Wir sammeln persönliche Klimawandel-Erfahrungs-Geschichten. Woran ganz konkret hast du in deinem Leben den Klimwandel bemerkt und selbst erlebt? Erzähl deine persönliche Geschichte. Sie wird hier veröffentlicht. Schick‘ sie an: team@seniorsforfuture.at.
(Falls du willst, dass dein Name genannt wird, bitte extra dazuschreiben, ansonsten werden die Geschichten anonym veröffentlicht)

Magst mitradeln?

Freitag 4. 7. 2025
17.00 Uhr
Votivpark


Übermorgen Freitag ist es wieder so weit. Radeln For Future verbannt die Autos und wandelt das Straßenbild, wie jeden ersten Freitag im Monat:

Bevor wir die andere Seite der Donau erreichen, machen wir den Praterstern und die Reichsbrücke zu Fahrradparadiesen. Wir zeigen, wie komfortabel diese Engstellen des Mega-Radhighways beradelt werden können! Am Weg zum Endpunkt kommen wir an den neuen Radwegen in der Donaustadt vorbei, aber auch auf vielen Straßen, die zum Hauptradverkehrsnetz gehören, obwohl auf ihnen keine Radinfrastruktur ist. Die neue Stadtregierung hat noch viel zu tun!

Sattelt die Räder, erzählt allen davon und radelt gemeinsam mit. Wir freuen uns auf euch!

Treffpunkt: 17:00 Uhr beim Votivpark
Abfahrt: 17:30 Uhr
Ende: ca. 20:00 Uhr An der oberen Alten Donau

Route im Detail: Open Street Map
Folgt demnächst hier

Ende und Abschlusskundgebung: An der Neuen Donau


Lobau bleibt! Demonstration am 2.7.2025 mit Beteiligung der Seniors:

Das Klima und die Superreichen

In einem Bericht über den Zusammenhang zwischen Reichtum und Klimaschädlichkeit zitiert die taz aus einer Oxfam Studie vom Oktober 2024: „In 90 Minuten ist der CO2-Ausstoß durch Privatjets, Investitionen und Yachten dieser 50 Menschen so hoch wie die Emissionen eines durchschnittlichen Menschen in seinem ganzen Leben.“ (taz).

An anderer Stelle heißt es, dass die beiden Privatjets von Elon Musk in einem Jahr eine Menge von CO2 in die Luft blasen, wofür ein Mensch der weltweit ärmeren Hälfte mehr als 5000 Jahre bräuchte. Oxfam im Original: „Elon Musk, the second richest person in the world, owns (at least) two private jets which together produce 5,497 tonnes of CO2 per year. This is the equivalent of 834 years’ worth of emissions for the average person in the world, or 5,437 years’ worth for someone in the poorest 50%“ (Oxfam)

Ein Angehöriger der ärmeren Hälfte der Menschheit hätte also in Europa in der Jungsteinzeit mit Emittieren beginnen müssen, um bis heute auf Musks jährliche Quote zu kommen. Wollte er der „Pflicht eine Kür“ anhängen und ein zweites Jahreskontingent abdecken, müsste er bis ins Jahr 7462 weitermachen. Kommt dazu, dass Kerosin durch die Befreiung von der Energiesteuer in vielen Ländern subventioniert wird. Also indirekt von uns mitfinanziert.

… … …

Stille in meinen Gedanken.

… … …

Das Wort Klassenkampf denkt sich. Klassenkampf! Wie retro! Demonstrationen gibt es, Petitionen gegen Ungleichheit und Ungerechtigkeit der Verteilung, Aktionen von Gewerkschaften u.a., Schriften, Podcasts, social media, Veranstaltungen, etc. zum Thema. Die Wirkung? Sicher nicht so effizient wie auf der anderen Seite der Klassenkampf von oben (N. Strobl, M.Mazohl), der im Kleid der Normalität daherkommt und kaum wahrgenommen wird. Angeführt von den Vermögensten. Sie haben die Mittel der Macht auf ihrer Seite, Wirtschafts- Medien- und Regierungseinfluss, und können Gesellschaften manipulieren, ohne dass diese es bemerken. Das ist das Schlimmste. Es findet statt.

Vielleicht wäre es an der Zeit, neue Strategien zu entwickeln. Zumal die Sache nicht beim Klassenkampf endet, sondern übergangslos in den Kampf gegen den ‚Endzeitfaschismus‘ mündet. ‚End Times Fascism‘, so nennen es Naomi Klein und Astra Taylor im Guardian. Eben diese klimakatastrophenbefeuernden Superreichen sind aus jeglichem Gesellschaftsvertrag ausgestiegen und vertreten einzig und allein ihre eigenen Interessen, ohne Rücksicht, ohne Empathie. Längst haben sie eine Exit-Strategie ausgearbeitet und davon ausgehend, dass die Welt so wie sie ist zugrunde gehen wird, haben sie sich ihre Gebiete angekauft und reserviert, wo sie ‚Privatstädte‘, ‚gated cities‘ errichten, in denen sie überleben können.

Eine Zusammenfassung des Artikels von Klein und Taylor auf deutsch gibt es hier: Med-Wiss Blog, Gratiana Steinkamp, Gerald Ullrich



Naomi Klein, Astra Taylor:
„Wie können wir dieses apokalyptische Fieber brechen? Zunächst indem wir uns gegenseitig helfen, die Tiefe der Verdorbenheit zu erkennen, die die extreme Rechte in all unseren Ländern erfasst hat. Um zielgerichtet voranzukommen, müssen wir zunächst diese einfache Tatsache verstehen: Wir stehen einer Ideologie gegenüber, die nicht nur die Prämisse und das Versprechen der liberalen Demokratie aufgegeben hat, sondern auch die Bewohnbarkeit unserer gemeinsamen Welt – ihre Schönheit, ihre Menschen, unsere Kinder, andere Arten. Die Kräfte, gegen die wir ankämpfen, haben sich mit dem Massensterben abgefunden. Sie sind Verräter an dieser Welt und ihren menschlichen und nichtmenschlichen Bewohnern.

Zweitens setzen wir ihren apokalyptischen Erzählungen eine weitaus bessere Geschichte entgegen, wie wir die vor uns liegenden schweren Zeiten überleben können, ohne jemanden zurückzulassen. Eine Geschichte, die in der Lage ist, dem Endzeitfaschismus seine ‚gothic power‘, seine dunkle Macht, zu entziehen und eine Bewegung zu mobilisieren, die bereit ist, alles für unser kollektives Überleben einzusetzen.“ (zitiert aus: Med-Wiss Blog, Gratiana Steinkamp, Gerald Ullrich)

Ganzer Artikel, Naomi Klein und Astra Taylor im Guardian: The rise of end times fascism.

Gewessler-Trauma! Geht’s noch Herr Minister?

Minister Totschnigg im O-Ton ORF Pressestunde am 22.6.2025: „…in vielen Diskussionen mit der Bevölkerung, in den eigenen Reihen, mit Bäuerinnen und Bauern, hab‘ ich manchmal den Eindruck, dass der eine oder andere ein richtiges Gewessler-Trauma erlitten hat, …“ Fragt man die richtigen Leute, kriegt man die richtigen Antworten. Was mich betrifft, ich kenne vor allem Menschen, die ganz aktuell ein ‚Trauma‘ erleiden.

Zeitweise hat man den Eindruck, da spricht der Wirtschaftsminister: „… meine Vision ist, um das ganz konkret auf den Punkt zu bringen, wir müssen der Frage um den Klimaschutz, Klimaziele, Klimaneutralität, -anpassung vor allem die Frage des Wirtschafts-Standortes, des Wachstums ansprechen, grünes Wachstum, nachhaltiges grünes Wachstum […] nur mit einer starken Wirtschaft, nur mit Privatinvestitionen können wir am Ende den Umbau der Wirtschaft, …“ Die Moderatorin fasst zusammen: „Also Klimaschutz durch Wachstum“. Der Begriff ‚Grünes Wachstum‘ ist umstritten, Totschnigg scheint Wachstum als den zentralen Wert zu sehen, um der Klimakatastrophe zu begegnen. Zur Erinnerung: Die Wachstumsdoktrin hat uns dahingebracht wo wir heute stehen.

ORF zitiert: „Denn klar sei: Es brauche Geschlossenheit und gemeinsames Handeln. Genau dieses zeige sich etwa auch in der neuen Aufteilung der Klimaagenden auf die einzelnen Ministerien.“ Das wäre so, wenn ich ein zuvor in einer gemeinsamen Küche hergestelltes Menü aufteilen würde, so dass die Vorspeise in Tirol, die Suppe in Kärnten, die Hauptspeise in Niederösterreich und die Nachspeise im Burgenland gekochet würde und gegessen wird dann in Wien.

ORF zitiert: „Ich bin klar gegen ein generelles Tempolimit auf 100 km/h auf unseren Autobahnen.“ 100 statt 130 brächte eine deutliche Reduzierung der Emissionen, der Kraftstoffverbrauch würde sinken, ebenso die tödlichen Unfälle und es würde weniger Feinstaub freigesetzt. Da ist Herr Totschnigg ‚klar‘ dagegen.

Auf die Frage, warum klimaschädliche Subventionen nicht gestrichen werden, antwortet er: “ … es seien „Förderungen der Vorgängerregierung unter der Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) jedenfalls „zu hoch und zu viel“ gewesen.“ Übersetzt: Die Vorgängerregierung hätte Klimaschutzmaßnahmen zu hoch gefördert, deshalb fördern wir weiterhin fossile Projekte.

Ein paar schnelle subjektive Gedanken zu Aussagen eines ‚Klimaministers‘.

Hat sich denn was geändert ?

Geschichten
vom Klimawandel


Mütze, Schal, Handschue, Rodel, der neue Skibob vom Christkind – alles dabei? Dann kann’s losgehen. Wir pilgern Richtung Jesuitenwiese im Wiener ‚Grünen Prater‘, zum Rodelhügel neben dem Spielplatz. Auf dem Weg treffen wir Eltern aus dem Grätzel, wie wir ziehen sie ihre Kinder auf Rodel oder Bob hinterher, unter den Füßen knirscht der Schnee. Alle freuen sich am Schnee, an der Sonne und an einer klaren Luft, die man am liebsten essen würde. Nachmittags-Gewusel am Rodelhügel, die Kinder treffen Freund:innen aus Kindergarten oder Schule. Das war vor mehr als 25 Jahren.

Damit auch in schneearmen Wintern gerodelt werden kann, wurde der Hügel dann künstlich beschneit. Anfangs ein echt seltsamer Anblick, rundherum die aperen Wiesen, nur der Rodelhügel in Weiß. Irgendwie jenseitig. Die schneearmen Winter häuften sich, Wien wurde wärmer und der einsam weiße Hügel neben dem Spielplatz immer seltener. Da konnte auch die Beschneiungsanlage nichts mehr ausrichten. Der Hügel in Weiß wurde zur Rarität, aktuell bleibt der Rodelhügel, abgesehen von wenigen Ausnahmen, genauso aper wie die umliegenden Wiesen.

Die Welt verändert sich, das Klima wandelt sich. Am Beispiel Rodelhügel neben dem Spielplatz auf der Jesuitenwiese wurde die Veränderung konkret sichtbar und erlebbar. Die Erinnerung an eine weiße Jesuitenwiese verblasst, apere Wiesen und Hügel im ‚Grünen Prater‘ im Winter zum größten Teil längst normal.

Kennst du so ähnliche Geschichten aus eigener Erfahrung? Wir sammeln persönliche Klimawandel-Erfahrungs-Geschichten. Woran ganz konkret hast du in deinem Leben den Klimwandel bemerkt und selbst erlebt? Erzähl deine persönliche Geschichte. Sie wird hier veröffentlicht.

Schick‘ sie an: team@seniorsforfuture.at.
(Falls du willst, dass dein Name genannt wird, bitte extra dazuschreiben, ansonsten werden die Geschichten anonym veröffentlicht)

Österreich und Klimakrise? Schau’n ma mal.

Ruft der Berg noch?
Oder kommt er schon?


Am Montag wurde der zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel veröffentlicht, eine umfassende wissenschaftliche Analyse für Österreich: „Österreich ist von der Klimakrise besonders betroffen, hat es sich mit 3,1 Grad Celsius doch fast doppelt so stark erwärmt wie der globale Durchschnitt. Was das konkret bedeutet, welche Schritte nun gesetzt werden können und welche Rolle die Politik dabei spielt, zeigt der zweite österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel (AAR2), der am Dienstag präsentiert wurde.“ (ORF, Klimakrise in Österreich)

Zweiter Österreichischer Sachstandsbericht zum Klimawandel | AAR2:
Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung

Klima- und Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP) sieht „großen Handlungsbedarf“ und kündigte ein neues Klimagesetz an. Seine Vorgängerin Leonore Gewessler (Grüne) kritisierte indes den „Rückwärtsgang“ der Regierung beim Klimaschutz und forderte ein entschlosseneres Handeln – wie auch zahlreiche NGOs.“ (ORF, Klimabericht zeigt ‚großen Handlungsbedarf)

Dem wollen wir uns anschließen. Herr Totschnig, wir brauchen kein zahnloses Klimagesetz, das ’niemandem weht tut‘, wir brauchen keine Scheinlösung. Es ist Zeit zu handeln für die Politik. Wir brauchen ein ambitioniertes und effizientes Klimaschutzgesetz, konkrete Maßnahmen und eine rasche Umsetzung. Jetzt.

Umfrage am Hitzeaktionstag

„Mein Grätzel
ist verparkt“


Bei der Aktion (Seniors, Parents und Artists For Future) zum Hitzeaktionstag am 4. Juni 2025 in der Wiener Mariahilfer Straße haben wir Antworten zu zwei Fragen gesammelt:

  • „Was macht Ihnen an Hitzetagen am meisten zu schaffen?“
  • „Welche Maßnahmen wären für Ihr Wohngrätzel/-bezirk am dringensten?“

Schlafstörungen, Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfweh, Kreislaufprobleme, … sowie Kühlung aller Öffis, Beschattung der Haltestellen, mehr Bäume in den Straßen, Verkehr reduzieren, Ampelschaltungen anpassen, … sind einige der Antworten. Alle Antworten hier.

Die Antworten der Passant:innen wurden an den Wiener Klimarat, die Teams des Wiener Hitzeaktions- und Klimafahrplans, Politiker:innen und die Ärtzekammer weitergeleitet.

Hitze wird im Gesundheitswesen zunehmend zum Thema. Das ansteigende Gesundheitsrisiko für ältere Menschen und andere vulnerable Gruppen, Säuglinge und Kleinkinder, chronisch und/oder psychisch kranke Menschen u.a. wird immer mehr wahr- und ernstgenommen, Hitzeaktions- und Maßnahmenpläne werden erstellt.

Doch es gibt noch viel zu tun – die Städte hitzefit machen, das Gesundheitswesen entsprechend vorbereiten, Information der Bevölkerung …
Informationen zum Thema Hitze: Health For Future und Gesundheits-Infos zum Klima

KLAR! vorbereitet auf die Klimakrise.

Im Großen und im Kleinen

Alle Gewässer brauchen Schutz


Ob es um die Weltmeere geht oder um kleine Tümpel und Seen – Gewässer brauchen unseren Schutz. Wasser ist Leben. Und Wasser ist keine Selbstverständlichkeit, selbst nicht im wasserreichen Österreich.

Aktuell tagt die dritte UN-Ozeankonferenz, bei der es vor allem um die Umsetzung bereits beschlossener Abkommen geht: „Die UN-Ozeankonferenz gilt als wichtigster internationaler Gipfel für den Meeresschutz. Nach Treffen in New York 2017 und in Lissabon 2022 findet sie nun zum dritten Mal statt. Die Konferenz soll vor allem neuen Schwung in Beratungen zu etlichen Meeresthemen bringen, auch wenn Entscheidungen dazu teils erst später fallen. So will die Weltgemeinschaft bis 2030 beim Schutz und Erhalt der Ozeane erheblich vorankommen – Schutzzonen sollen ausgewiesen, illegale Fischerei beendet und die Meere verstärkt von Plastik befreit werden.tagesschau.de
Was hat Österreich mit Meeresschutz zu tun: DerStandard
Ringen um den Schutz der Weltmeere: 3Sat Juni 2025

Gewässerschutz braucht es aber auch im Kleinen. Neben dem Schutz unserer fließenden und stehenden Gewässer, muss auch das ‚unsichtbare Wasser‘ geschützt werden, das Grundwasser. Österreich deckt seinen Bedarf an Trinkwasser fast zur Gänze aus Grundwasser. So wie das Schnitzel nicht aus dem Supermarkt und der Strom nicht aus der Steckdose kommt, kommt das Wasser nicht aus dem Wasserhahn. Süßwasser entsteht in einem komplexen Kreislauf, bis es uns als Grundwasser zur Verfügung steht.

Eines der umstrittensten Projekte der Wiener Gegenwart, gefährdet nicht nur ein Naturschutzgebiet und seine Artenvielfalt, sondern auch die Trinkwasserversorgung Wiens. Lobau und die Trinkwasserversorgung von Wien: Wien riskiert sein Trinkwasser

Die Natur ist kein Selbstbedienungsladen und auch kein Amazon-Lagerhaus, wo man sich was bestellen und es zurückschicken kann, falls es nicht genehm ist. Wenn die Stadt-Autobahn erst mal gebaut ist, bleibt sie für Jahrzehnte. Wir können sie nicht einfach zurückgeben.
Act Now. Warum