Die fünf Säulen des Degrowth-Kommunismus

Im Folgenden Zitate aus ‚Systemsturz. Der Sieg der Natur über den Kapitalismus‘, Kohei Saito, 2023

1 – Wandel zur Gebrauchswirtschaft
„Eine Produktion, die nur solche Sachen [kurzfristigen finanziellen Profit, Anm.] als wichtig erachtet und den Gebrauchswert ignoriert, ist im Zeitalter der Klimakrise lebensbedrohlich.“

Es geht darum: „Weg von der Steigerung des Werts als Ware, hin zum Gebrauchswert und zur Planung und Kontrolle durch die Gesellschaft. Mit anderen Worten geht es nicht um die Steigerung des BIP, sondern um die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse. Genau daraus besteht nämlich das Grundgerüst der Idee des Degrowth.“

„Es gilt also, mit dem Konsumismus, wie wir ihn heute kennen, zu brechen, die Produktion zum Wohle aller auf nötige Dinge umzustellen und sich gleichzeitig in Selbstbegrenzung zu üben. Das ist der Kommunismus, den wir im Anthropozän brauchen.“

2 – Verkürzung der Arbeitszeit: Für weniger Arbeitszeit und mehr Lebensqualität

„Wenn wir damit aufhören, unnütze Dinge zu produzieren, könnten wir auch die Gesamtarbeitszeit der Gesellschaft im großen Umfang reduzieren. […] Auch Marx bezeichnet im ‚Kapital‘ die Arbeitszeitverkürzung für den Wandel hin zu einer Gebrauchswirtschaft als ‚Grundbedingung‘.“

„So kann man beispielsweise davon ausgehen, dass kürzere Arbeitszeiten das allgemeine Stresslevel senken und Haushalten somit die Aufgabenverteilung bei der Kindererziehung und Altenpflege erleichtern.“

3 – Aufhebung uniformer Arbeitsteilung: Für die Wiederherstellung der Kreativität der Arbeit

„Auch mit verkürzten Arbeitszeiten flüchten sich die Menschen zum Stressabbau in konsumistische Tätigkeiten, wenn die Arbeit langweilig und mühselig ist.“ […] „Marx sah die Arbeit aber überhaupt nicht als etwas an, das man besser umgehen sollte. Vielmehr strebte er eine ‚travail attractive‘ (attraktive Arbeit) an, die subjektive und objektive Grundbedingung und somit Möglichkeit für die Entwicklung der eigenen Kreativität und die Selbstverwirklichung des Individuums sei.“

„Deshalb plädierte Marx auch wiederholt für die Überwindung des Gegensatzes geistiger und körperlicher Arbeit sowie des Gegensatzes zwischen Stadt und Land als zukünftige gesellschaftliche Herausforderung.“ […] Statt des Gewinns haben nun Nutzen und gegenseitige Hilfe Priorität.“

4 – Demokratisierung des Produktionsprozesses: Je demokratischer der Produktionsprozess, desto langsamer die Wirtschaft

„Doch um solche ‚Reformen der Arbeitsweise‘ umzusetzen, müssen Arbeiter das Recht haben,
Entscheidungen über die Produktion zu treffen. Die Rede ist hier also von Vergesellschaftung, die auch von Piketty gefordert wird. Durch die Vergesellschaftung werden Produktionsmittel als Common demokratisch verwaltet.
[…] Wenn zudem nicht nur hinsichtlich der Produktion, sondern auch über Energie- und Ressourcenverbrauch demokratisch entschieden wird, ändert sich einiges.“

„Wissen und Information sollten schließlich ein Common sein, das für die gesamte Gesellschaft zugänglich ist. Es gilt also, den radikalen Überfluss, der im Wissen steckt, wiederherzustellen.“

5 – Fokus auf systemrelevante Arbeit: für einen Wandel zur Gebrauchswertwirtschaft und die Wertschätzung arbeitsintensiver systemrelevanter Arbeit

„In diesem Zusammenhang will ich noch einmal betonen, dass es in Sachen Automatisierung, die in den vergangenen Jahren in den Himmel gelobt wurde, sowie der Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz, ebenfalls ein klares Limit gibt. Sektoren, in denen Mechanisierung kaum möglich ist und die dadurch menschliche Arbeitskraft benötigen, nennt man ‚arbeitsintensive Industrie‘. Ein typisches Beispiel dafür ist die Pflege. Der Degrowth-Kommunismus bedeutet einen Wandel hin zu einer Gesellschat, die arbeitsintensive Industrie wertschätzt.“

„So besteht die Arbeit einer Pflegerin nicht bloß daraus, den Patienten einer Anleitung folgend Essen zu bringen und ihnen beim Umziehen und Waschen Hilfe zu leisten. Während sie sich deren alltägliche Sorgen anhört, ihnen Rat gibt und somit eine Vertrauensverhältnis aufbaut, muss sie auch auf kleinste geistige und körperliche Veränderungen der Patienten achtgeben. Flexibilität ist gefragt.

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