Ein Herz und eine Seele.

Mein Auto
und ich


Wie irrational die Diskussion um das Auto geführt wird, zeigt sich an der Forderung eines niederösterreichischen Funktionärs nach Tempo 150 auf der Autobahn. Vernünftig betrachtet spricht alles dagegen, verstehbar für jeden Mensch mit einem durschnittlichen IQ. Trotzdem wird es gefordert. Damit meine ich nicht, jener Funktionär hätte nur zwei Gehirnzellen, er hat ganz sicher einen angemessenen IQ. Neben der Wahlfängerei, in seinem Fall, liegen die Gründe für die Absenz der Vernunft jedoch woanders.

Ein Auto ist nicht Objekt, es ist Teil der Subjekte, indem es in die Ich-Identität verwoben wird. Sobald man in das Auto einsteigt und losfährt, verändert sich die Identität. Ich werde ein Teil der Maschine und die Maschine ein Teil von mir. Die Vibrationen des Motorblocks übertragen sich über Füße, Sitz und Rückenlehne auf meinen Körper und verändern das Körpergefühl. Dadurch, dass ich sämtliche Funktionen der Maschine, die ich benötige, automatisch ausführe (ich muss nicht überlegen, welchen Gang ich einlege, wann ich den Blinker betätige, etc.) bin ich Teil der Maschine, man könnte auch sagen, ich bin eine Funktion der Maschine.

Das Auto ist mein Corpus, wie eine Schale, ein Panzer, eine Rüstung. Ich bin Hirn, Herz und Beseelung dieses Körpers, der mich bewegt und ich bewege ihn, die Verschmelzung beginnt mit dem Starten des Motors. Seit es Navis gibt sind auch Weg und Zielerreichung an die Maschine delegiert. Wenn ich will, kann ich das Hirn beiseitelegen oder die Gedanken frei flottieren lassen, Auto, Navi und mein Maschinen-Ich Segment bringen mich wohin ich will.

Nur, wenn etwas Unerwartetes passiert, muss ich das Bewusstsein einschalten und zeigen, dass doch ich die Maschine beherrsche. Meistens wird dann lauthals geschimpft, weil das Unerwartete oft unangenehme Störung bedeutet. Ein Fußgänger, der nicht aufpasst, eine Autofahrerin, die mich schneidet, eine Aktivistin, die auf der Straße klebt.

Die Forderung nach Tempo 100 wird als Angriff auf die persönliche Freiheit erlebt. Die Freiheit, 10 Minuten früher ans Ziel zu kommen. Entsprechend wäre Tempo 150 eine Erweiterung der Freiheit, nochmal 10 Minuten drauf. Wobei es nicht wirklich um die Zielerreichung geht, sondern um den Weg. Wer viele PS unter dem Hintern hat, will sie ausfahren, den Rausch der Geschwindigkeit erleben, einmal so richtig aufs Gas steigen. Das ist Freiheit.

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