Unendliches Wachstum
auf einem endlichen Planeten
ist nicht möglich
Foto: Akil Mazumder
Jedes Kind weiß: Wenn es einen Luftballon weiter und weiter und weiter aufbläst, wird er platzen. Dann hat es einen Schreck vom Knall und keinen Luftballon mehr zum Spielen. Wenn wir so weitermachen wie bisher, haben wir den Schreck durch Unwetterkatastrophen in ungekanntem Ausmaß und keinen Planeten mehr zum Leben. Und – wir wissen das!
In Europa hat das Wirtschaftswachstum seit den 1950ern für viele von uns mehr Wohlstand gebracht, ein abgesichertes und im weltvergleich luxuriöses Leben. ‚Alles wurde immer besser‘. Und das sollen wir aufgeben?
Ja, uns ist es – vermutlich historisch einmalig – ein paar Jahrzehnte wirklich gut gegangen. Die Kosten für diesen Wohlstand haben wir zum größten Teil in andere Weltgegenden ausgelagert, Kosten an Mensch und Natur durch Ausbeutung und Raubbau. Um unseren Luxus ungetrübt genießen zu können, haben wir gelernt, sog. kognitive Dissonanzen zu vermeiden, haben wir uns darin geübt, nicht zu sehen, was wir eigentlich wissen (‚turning a blind eye‘). Diese Kosten sind inzwischen aber dermaßen angestiegen, dass es vielen nicht mehr möglich ist, darüber hinwegzusehen. Sie zerstören weltweit Lebensräume und Lebensgrundlagen, zerstören die fruchtbare Biosphäre der Erde, aus der heraus wir überhaupt erst entstehen konnten. Als kleines Dankeschön schlagen wir sie jetzt kaputt.
Kurzum, wir müssen aufhören zu wachsen. Mit 18 Jahren erwachsen, war ich 1,8 m groß, bei einem durchschnittlichen Wachstum von 10cm/a. Wäre ich bis heute so weitergewachsen, betrüge meine Körpergröße 6,4 Meter und die Schreibtischfläche, auf der ich gerade schreibe, befände sich auf einer Höhe von ca 2,7 m. Was für eine Perpektive. Degrowth hätte mir wohl gut getan. Ein Wort, das bei den meisten Wirtschaftsleuten und Politiker:innen Unverständnis bis hin zur panikartigen Ablehnung auslöst. Wie soll das funktionieren, so ganz ohne Wachstum? Mal ganz simpel gesagt: ‚ES‘ funktioniert, wenn WIR rechtzeitig HANDELN. Wenn nicht, ist die Zivilisation wie wir sie kennen, verloren und die Welt gleich mit.
Eigentlich wollte ich nur einen Artikel empfehlen: ‚Der Elefant im Raum der Klimadebatte‚ von Julien Gupta, Redakteur des tazTEAM ZUKUNFT. Er beschreibt die wichtigsten Punkte zum Thema und plädiert dafür, Degrowth und alternative Modelle mehr in die Diskussion einzubringen: „Wirtschaftswachstum ist der Elefant im Raum der Klimadebatte. Und wir sollten viel häufiger mit dem Finger auf ihn zeigen. Dafür braucht es allerdings eine gemeinsame Diskussionsgrundlage – was eignet sich dafür besser als ein kleines Degrowth-FAQ.“ Nur damit keine falschen Hoffnungen aufkommen, er zitiert: „Green Growth is not a thing.“
Und wo wir gerade dabei sind, der japanische Philosoph Kohei Saito propagiert in seinem Buch ‚Systemsturz – Der Sieg der Natur über den Kapitalismus‘ das Modell des Degrowth-Kommunismus. Hat nichts mit dem Staatsterror-Kommunismus zu tun, sondern basiert im Grunde auf der Wiederbelebung einer alten Wirtschaftsform, der Commons. Seine Abhandlung ist auf einer Analyse von nicht oder kaum bekannten Schriftstücken von Karl Marx aufgebaut. Er beschreibt vier denkbare Zukunftsszenarien: Klima-Faschismus, Klima-Maoismus, Barbarei und eben den Degrowth-Kommunismus, eine durch und durch demokratische Form des Zusammenlebens.
Wer nicht das ganze Buch lesen will, findet das Wichtigste in einem Artikel von Malene Gürgen, tazTEAM ZUKUNFT, vom 24.08.2023: ‚Mit Karl Marx in den Klima-Kommunismus‚
Danke, lieber Stephan für diesen, sehr aufschlussreichen Artikel!!!
Das müssten eigentlich alle, die in der Wirtschaft was zu sagen haben, lesen und verinnerlichen!!!