zur Klimakrise als ethische Herausforderung
„Wir brauchen eine Klimarevolution, die auf Dauer läuft und den ganzen Tag stattfindet, jeden Tag, überall.“
(Naomi Klein)
WOMIT WIR ES ZU TUN HABEN
„Der menschengemachte Treibhauseffekt hat zunehmend erkenn- und messbare Konsequenzen wie massiver Verlust von Biodiversität, vermehrte Extremwetterereignisse, Dürre- und Flutkatastrophen, Waldbrände, sowie Entstehung, Zunahme und Ausbreitung von Infektionskrankheiten, […] sowie hitzebedingte Gesundheitsprobleme wie Erschöpfung, Hitzschlag und Herzinfarkt, […] Zerstörung von Infrastruktur und Energieversorgung, Nahrungsproduktion mit Konflikten um Verknappung von Wasser und Versorgung mit Nahrungsmitteln.“ (*S13f)
WER
Die Industrieländer, die knapp 20% der Weltbevölkerung beheimaten, haben 50% (bzw. bis zu 70%, Anm.) der bisherigen CO2 Emissionen verursacht. Das hat uns bisher ca 420 ppm Co2, menschengemachtes THG, in der Atmosphäre eingebracht, so viel wie seit 2-3 Millionen Jahre nicht. 350 ppm wären klimaverträglich.
China liegt derzeit bei ca. 13 % und Afrika und Südamerika bei je etwa 3 %. Wobei zu bedenken ist, dass die kohlelastige Energie in China eine Wirtschaft befeuert, deren Produkte zu 50% in die Industrieländer geliefert werden. Die Hälfte der Emissionen wäre also den Industrieländern zuzurechnen. … …
*-Den ganzen Bericht der Bioethikkommission findest du hier. Am Ende stehen 18 Empfehlungen zu Allgemein, Medien, Forschung und Bildung.
Einige Punkte daraus und Gedanken dazu im Anschluss zum Weiterlesen (ca 4min)
Literaturempfehlung: Naomi Klein, „Die Entscheidung. Kapitalismus vs Klima“, 2015, Fischer Verlag
Während die Industrieländer mit ihrer fossilen Prasserei Reichtümer über Reichtümer angehäuft haben, leiden die ärmeren Länder des globalen Südens deutlich stärker unter dem Klimawandel. Und das, nachdem sie durch die koloniale Ausbeutung den Reichtum des globalen Nordens zu einem guten Teil erst ermöglicht haben bzw. noch ermöglichen.
„Unser Beitrag an der ökologischen Zerstörung ist eine Realität, die einen moralischen und politischen Auftrag insbesondere für jene Menschen, Institutionen und Organisationen beinhaltet, die stark zum Klimawandel beitragen, und den Großteil der Last ihrer Aktiviäten auf ungerechte Weise auf Menschen in anderen Teilen der Welt und auf zukünftige Generationen abwälzen.“ (*S6)
Nicht nur global gesehen haben Ärmere unter den Folgen der Klimakrise deutlich mehr zu leiden, auch innerhalb des Landes sind arme und armutsgefährdete Bevölkerungsgruppen stärker betroffen:
„Zudem ist es auch von zentraler Bedeutung, jene Bevölkerungsgruppen, die unter den Folgen des Klimawandels besonders leiden, zu unterstützen. Insbesondere arme und armutsgefährdete Menschen sowie marginalisierte Bevölkerungsgruppen sind sowohl vom Klimawandel als auch seinen Folgen besonders betroffen (frontline communities). Bei allen Maßnahmen, die zur Linderung des Klimawandels getroffen werden, ist sicherzustellen, dass diese Gruppen nicht zusätzlich benachteiligt werden.“ (*S19)
ZU ÖSTERREICH
„Die THG-Emissionen in Österreich konnten gegenüber deren Niveau von 1990 entgegen wiederholter seitheriger Zielsetzungen bisher nicht reduziert werden. Auch wenn in den Bereichen Industrie, Haushalt und Landwirtschaft deutliche Reduktionen erreicht werden konnten, wurden diese Erfolge durch den enormen Anstieg in anderen Bereichen (insbesondere im Straßenverkehrsbereich) regelrecht „aufgefressen“ (*S16)
Und dieser Trend scheint von der Politik auch weiter betrieben zu werden, ein Blick in die Lobau genügt. Nicht umsonst wird im Bericht die Trendumkehr im Verkehrssektor als die größte Herausforderung bezeichnet. Würde man diese ernst nehmen, bräuchte es als nächsten Schritt vor allem eines: Ein Klimschutzgesetz.
Hier würde Klimapolitik gesetzlich geregelt, die nicht dem europäischen Emissionshandel unterworfen ist, Verkehr u.a. Die Kommission betont: „Der Beschluss der derzeit in Verhandlung befindlichen Neufassung (des KSG) ist daher als besonders dringlich anzusehen.“ (* S16). Erwähnt wird aber auch, dass mit dem Klimaticket eine wichtige Voraussetzung für weitere Maßnahmen geschaffen wurde, auch die CO2 Bepreisung wird positiv gewertet, in der Höhe allerdings unzulänglich.
Ein zweites österreichisches Meisterstück ist die Bodenversiegelung. Wir gehören zum Spitzenfeld der EU und haben z.B. eine deutlich höhere pro-Kopf-Versiegelung als Deutschland. Unter anderem bedingt durch eine starke Zersiedelung, was wiederum zu mehr Individualverkehr führt und somit die Verkehrsemissionen weiter anheizt. Hier wird deutlich wie die verschiedenen Ebenen im Klimaschutz ineinander verzahnt sind und nur gemeinsam angegangen werden können.
Als weitere Bereiche, in denen Maßnahmen dringen notwendig wären, sind genannt: Gebäudesanierung, Raumwärme und Energie-Effizienz, Ausbau der erneuerbaren Energie sowie Energieeinsparung, Einstellung der Förderung klimaschädlicher Aktivitäten, ein Grundrecht auf Klimaschutz sowie Maßnahmen im Bereich Medien, Bildung und Forschung.
ZU DEN MEDIEN
Gefordert wird eine „Neuausrichtung der Medienförderung nach bestimmten Qualitätskriterien der Berichterstattung zur Klimkrise“. So sollte z.B. für Leser:innen kenntlich gemacht werden, wenn ein Beitrag teilweise oder zur Gänze den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Klimakrise widerspricht.
Medien, die wiederholt klimakrisenleugnende Inhalte teilen, könnte im Rahmen der (eventuell noch zu schaffenden) Möglichkeiten die Förderung entzogen werden. Dabei ist auch die indirekte Klimakrisenleugnung mit einzubeziehen. Das betrifft z.B. Inserate für Billigflüge, Kreuzfahrten, SUVs, etc. Insgesamt soll die Abhängigkeit von Inseratenschaltungen der fossilen Industrie reduziert werden. (*S18)
Für die Bewerbung von klimaschädlichen Produkten könnten außerdem Warnhinweise verpflichtend werden, ähnlich denen der Tabakwerbung, so dass die schädlichen Folgen im Herstellungsprozess eines bestimmten Produktes klar erkenntlich sind.
„Auch die Platzierung der Klimakrise als zentrales Thema beim Verband österreichischer Zeitungen wäre eine wichtige Maßnahme (bisher sehr geringe Aktivität zur Klimakrise).“ (*S18)
Die zu schaffenden Kriterien und Regeln sollten über den Klimabereich hinaus auch die Finanz- und Wirtschaftsberichterstattung berücksichtigen, um das derzeit fragliche Framing ‚Wirtschaft vs. Klima‘ zu reflektieren und richtigzustellen. Teile der (Regierungs)Politik hinken der Einstellung vieler Unternehmen hinterher, die längst erkannt haben, dass sich Klimaschutz langfristig positiv auf die heimische Wirtschaft auswirkt (*S19).
Stephan Burgstaller
* – Die Klimakrise als ethische Herausforderung. Stellungnahme der Bioethikkommission, Wien 2022
Literaturempfehlung: Naomi Klein, „Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima“, 2015, Fischer Verlag