Zum Abschluss der Mai-Aktionswochen der Letzten Generation und den vielen, die sich solidarisch mit auf die Straße gestellt haben, gibt es einen großen öffentlichen Protestmarsch. Kommt hin, geht mit und zeigt euch solidarisch – für das Klima, für eine lebenswerte Erde für uns alle und die kommenden Generationen.
Handeln statt Kriminalisieren Erklärung zur Unterstützung von Klimaaktivist:innen Unterzeichnet von Wissenschaftler:innen aus dem deutschen Sprachraum Infos hier Und hier geht’s zur online petition
Mit Entsetzen lese ich in „heute“ diese Schlagzeile: „Rettungsauto bei Klima-Aktion blockiert – Patient tot.“
Ich weiß, dass es eine entsprechende Meldung der Polizei gegeben hat, dann hätten Sie aber sofort ein Dementi schreiben müssen, sobald bekannt wurde, dass die Aktion nichts mit dem Tod des Patienten zu tun hatte.
Anstattdessen am 11.5.23 diese Schlagzeile: „Toter nach Klima-Protest, jetzt kommt Wahrheit ans Licht.“
Jede Heute-Leserin, die die erste Schlagezeile gelesen hat, interpretiert die zweite als Bestätigung für die Mitschuld der Klima-Aktion. Noch dazu schreiben Sie im Textteil dann im Konjunktiv, es ‚dürfte‘ kein kausaler Zusammenhang bestehen, obwohl zu diesem Zeitpunkt schon bekannt gewesen sein müsste, dass keiner bestanden hat.
Solche Berichterstattung, geprägt von Falschmeldungen und Manipulation, überschreitet für mich die Grenze des Erträglichen.
Ich plädiere dringend an Sie, Ihre Haltung zu überdenken und zu einem verantwortungsvollen Journalismus zurückzukehren. Gerade Sie, die Sie ja ein eigenes Klima-Ressort eingerichtet haben, wissen doch um die Dringlichkeit der Klima-Problematik Bescheid und Sie wissen ebenfalls, dass unsere Regierung nichts oder viel zu wenig tut, um gegenzusteuern.
Nichts anderes wollen die Klima-Aktivisten, als auf diesen Zustand aufmerksam machen. Und zwar auf friedliche und stets sehr umsichtige Art und Weise.
Im Sinne eines Journalismus, der als vierte Macht in der Gesellschaft Verantwortung übernimmt, wäre es eigentlich geboten, diese Anliegen zu unterstützen und nicht zu hintertreiben. Sie tragen Mitverantwortung dafür, wie die Bevölkerung zum Thema Klimakatastrophe steht, und die Haltung der Bevölkerung, der sog. ‚breiten Masse‘, zu Klimaschutzmaßnahmen ist ein wesentlicher Faktor für die Effizienz der Umsetzung.
Ich bin sicher, Sie wissen das alles. Bitte handeln Sie danach.
PS: Auch eine Schlagzeile wie heute: „Klima-Kleber mit multipler Attacke auf Wien“ ist keine Berichterstattung, sondern reines Schüren von Aggressionen. Medien, die so agieren, sind mitverantwortlich dafür, wenn das gesellschaftliche Klima aggressiver wird. Zur Erd-Erhitzung die Gesellschafts-Erhitzung. Keine gute Taktik. Sie spaltet Gesellschaften, schafft Fronten und untergräbt die Demokratie. Medien sollten nicht spalten und Fronten schaffen, sondern eine Vielfalt von Perspektiven, Informationen und Sichtweisen anbieten, um den gemeinsamen gesellschaftlichen Diskurs und damit eine demokratische Grundhaltung zu fördern.
Leider ist man auch hierorts immer wieder mit krassem Fehlverhalten konfrontiert: Erst handeln, dann denken, oder erst schreiben, dann informieren. Und manchmal wird das ganz bewusst angewendet, wenn man irgendwem was anhängen will. Zum Beispiel den Klima-Aktivist:innen der Letzten Generation. Da geht es nicht um Fakten, sondern darum, Emotionen in der Bevölkerung zu schüren und zu manipulieren.
Kurz vor der gestrigen Aktion „Tempo 100, keine neuen Öl- und Gasbohrungen“ kam es in Schwechat zu einem Todesfall. Wiederhole: Kurz vorher. Es konnte also gar nichts mit dem kurzfristigen Stau zu tun haben, abgesehen davon, dass IMMER eine Rettungsgasse offen gelassen wird. Trotzdem die Meldung, ein Rettungsauto sei blockiert worden und dies habe den Tod mitverschuldet. Wie Filmmaterial der Szene beweist, kein Rettungsauto weit und breit.
Die erste Meldung, der erste Eindruck bleibt hartnäckig im Gedächtnis hängen. So ist das. Und so ist die Strategie. Auch nachträgliche Dementis ändern nichts Wesentliches am Gefühl, das sich bereits festgegraben hat.
Für das Wohl von Menschen, Tieren, Plfanzen und Planet plädieren wir dafür, bei Stellungnahmen und Berichten zur Klimafrage und Klima-Aktionen faktenorientiert zu bleiben. Das betrifft vor allem die relevanten öffentlichen Institutionen und die Medien. Es steht zu viel auf dem Spiel. Gerade die Medien, als vierte Macht, sollten das Vorgehen der Regierung kritisch beleuchten und sich daher den Forderungen der Klima-Aktivist:innen anschließen.
Offizielle Stellungnahme der Letzten Generation zu dem Vorfall gestern findet sich hier.
Richtigstellung in der ZIB 13 von heute hier (ab Min 15.16)
Kurze Berichtigung am 13.5.: Der Tod soll anscheinend doch erst später eingetreten sein, ein Mitverschulden der Klima-Aktion wurde aber trotzdem widerlegt. Der Stadndard berichtet, eine Adressverwechslung habe zur tödlichen Verzögerung geführt. Nachzulesen hier.
Die Treibhauspost vom April 2023 berichtet über mögliche soziale Kipppunkte auf dem Weg zur Klimaneutralität. Sie beschreiben einen möglichen Verlauf, mögliche Trigger und die wichtigsten Akteure. Die sechs Bereiche sind:
Energie
Gebäude und Infrastruktur
Finanzmarkt
Normen und Werte
Bildung
Transparenz bei Produkten und Dienstleistungen
In diesen Bereichen könnte alles auf einmal ganz schnell gehen.
„In einer mutmachenden Studie von 2020 (Opens in a new window) hat ein Team rund um die Soziologin Ilona Otto soziale Systeme identifiziert, die zum Kippen gebracht werden und so zu einer klimaneutralen Welt bis 2050 beitragen können.“ […]
„Das Triggern von sozialen Kipppunkten könnte unser mächtigstes Werkzeug im Kampf gegen die Klimakrise sein. Die kleinen Schritte im Klimaschutz wirken plötzlich nicht mehr so entmutigend, wenn man sich vor Augen hält, dass sozialer Wandel nicht linear stattfindet, sondern plötzlich alles ganz schnell gehen kann.„
Neue Fotoserien in der Galerie: – Christa und Hanna klimafreundlich am Pelopponnes auf alten und neuen Spuren und (?)Radwegen. – Rad-Demo Stadlau am 6.5.2023, Fotos von Andreas
Verkehrsteilnehmer:innen, die sich aktiv klimafreundlich fortbewegen, sollten durch eine städtische Verkehrsplanung eigentlich bevorzugt behandelt werden. Was den Gürtel betrifft, ist genau das Gegenteil der Fall, immer wieder Unterbrechungen, häufiger Seitenwechsel, etc. Der Gürtel ist aktuell nur für das Auto attraktiv. Das muss sich ändern.
Radeln For Future fordert daher: – Der Radschnellweg muss ohne ständige Seitenwechsel verlaufen. – Der Radschnellweg muss eine Entflechtung des Fuß- und Radverkehrs bringen. – Der Radschnellweg muss mindestens den neuen Richtlinien für die Radverkehrsplanung entsprechen. – Wir fordern die Umwidmung einer Fahrspur zum Radschnellweg! – Der derzeitige Gürtelradweg soll für Familien und alle, die lieber gemächlich radeln, weiterhin bestehen bleiben. – Wir fordern glaubwürdige Schritte für das Gelingen der Verkehrswende!
Tipp: Klimakrise: Wir machen Ernst – taz Talk meets Buchmesse Leipzig. (1:19:49) „Zwischen Politik und Protest formiert sich eine große Gruppe, die die Probleme angehen will. Aber wie genau können diese Leute etwas voranbringen?„Ein Gespräch mit dem Sozialpsychologen und tazFUTURZWEI Herausgeber Harald Welzer.
Vienna.at berichtet live von der heutigen Aktion der Letzten Generation. Etwas missverständlich beschrieben, sie wollten den Frühverkehr in Wien an neuralgischen Punkten lahmlegen. Was die Letzte Generation will, ist: Tempo 100 auf Autobahnen und ein Stopp für neue Öl- und Gasbohrungen. DAS ist das Ziel der Aktionen.
Trotzdem löblich, dass berichtet wird, vor allem auch mit einem pro und contra und in respektvoller Tonlage. Wissenschafter:innen, Scientists For Future, Parents For Future, Omas gegen Rechts und viele andere Organisationen und Personen erklären sich solidarisch und stellen sich hinter die Aktivist:innen. Angekündigt seien Aktionen im Mai für ca 3 Wochen. Weitere Infos auf vienna.at.
Wer sich engagieren oder bei den Aktionen solidarisch zeigen will, wendet sich am besten direkt an die Letzte Generation.
Interessantes Interview auf klimafakten.de mit dem Soziologen und Rechtsextremismusforscher Mathias Quent: „Rechtsextreme und Rassisten wehren sich gegen Klimaschutz, weil er ihre Privilegien in Frage stellt“
„Man sollte nicht glauben, man könne bestimmte Akteure allein mit guten Argumenten überzeugen. Es bringt nichts, Menschen Dinge erklären zu wollen, denen sie aggressiv und abwehrend gegenüberstehen. Menschen tendieren grundsätzlich dazu, Informationen zu suchen und aufzunehmen, die ihre Ansichten und ihre soziale Position bestätigen, nicht hinterfragen. Die Sozialpsychologie nennt dieses gut erforschte Phänomen „motivated reasoning“. Trotzdem gilt es, die Fahne der Aufklärung hochzuhalten.“ […]
„Wir sollten mehr über die historischen und systemischen Ursachen der Klimakrise sprechen, über politische Regeln, Zusammenhänge und die Verantwortung von jenen, die einen besonders großen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnten: Großunternehmen zum Beispiel. Der Carbon-Majors-Report aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass sich 71 Prozent der globalen Emissionen auf nur 100 Konzerne zurückführen lassen. Vor allem diese Player müssen viel stärker in die Pflicht genommen werden, aus ökologischen und demokratiepolitischen Gründen.„[…]
„Es führt politisch nicht weiter, wenn ich nicht bereit bin, anderen zuzugestehen, dass sie davon unterschiedliche Perspektiven haben können. Aber es sollte auch nicht der Eindruck entstehen, als seien die zentralen Fakten der Klimakrise Ansichtssache. Insofern kann es helfen, nach gemeinsamen Betroffenheiten zu suchen.“ […]
„In Wahrheit sind Klimafragen eben nicht persönliche Probleme einzelner, die durch individuelles Verhalten gelöst werden können, sondern sind eine systemische Krise.“
Eine Krise hat Anfang und Ende. Die Klimakatastrophe bleibt. Ein etwas anderer Blick auf die katastrophale Veränderung der Biosphäre, für kontroverse Überlegungen: „Mit säkularer Spiritualität gegen planetare Krise?“, SRF Sternstunde Religion
Politisches Framing ist auch für die Klima-Kommunikation ein wichtiger Aspekt, wenn wir Wirkung erzielen wollen. Gerade wenn wir Briefe an Medien, Politiker:innen oder Gemeinden schreiben, ist der Rahmen wichtig, innerhalb dessen wir unsere Anliegen formulieren und an die Frau oder den Mann bringen wollen.
Dazu gibt es am 3. Mai 2023 einen Online-Workshop von Prof. Dr. Jörg Matthes, Professor für Werbeforschung an der Universität Wien und Vorstand des dortigen Instituts für Publizistik und Kommunikationswissenschaft:
Wie werden politische Themen diskutiert, welche Aspekte werden dabei in den Vordergrund gestellt, welche ausgeblendet? Dies sind Grundfragen, die in der Wissenschaft als „Rahmung“ bzw. „Framing“ beschrieben und diskutiert werden. Der Vortrag stellt die Frage, wie stark dieses Framing wirklich ist: Können dadurch Menschen manipuliert und Wahlen entschieden werden? Und welche Rolle spielen dabei die Medien?
Nach dem 45-minütigen Fachvortrag folgt eine ca. 15-minütige Frage- und Diskussionsphase. Danach sind Sie bis 21:00 Uhr herzlich eingeladen zu weiterem fachlichen Austausch und kollegialer Vernetzung in unterschiedlichen selbstgewählten Gruppen und freundlicher Salonatmosphäre. Dazu wechseln wir zu „gather.town“ (die bisherige Plattform wonder.me wurde leider abgeschaltet und vom Netz genommen).
Österreichische Gemütlichkeit hat schon was für sich, das nette Alpenvölkchen, das sich nicht stressen lässt. Von nix. Auch nicht von der Klimakatastrophe. Ziele? Sind vor allem dazu da, festzustellen, wie weit man sie verfehlt hat. Im konkreten Fall würde es sich um nur 20 Jahre handeln.
Nach dem Bericht des Umweltbundesamtes werden wir die EU-vereinbarten Klimaziele für 2030 nicht erreichen. Nicht um ein paar Jahre, sondern gleich um ganze 20 Jahre, also erst 2050. Und dann ist noch längst nicht alles getan, aber die Klimakatastrophe, wenn alles bleibt wie es ist, voll im Wüten. Vor einiger Zeit war Österreich Klima-Vorzeigeland. Jetzt sind wir der ‚Bleifuß‘ und das im wahrsten Sinn des Wortes.
DER wesentliche Faktor ist nämlich der Verkehr. Und unser Kanzler spricht morgens, mittags und abends das ‚Erhalte-uns-Verbrenner-Gebet‘. Unglaublich. Auch in anderen Sektoren des Klimaschutzes schaut es nicht viel besser aus. Seit inzwischen 846 Tagen leben wir ohne Klimaschutzgesetz, obwohl sich alle Experten einig sind, dass dieses notwendig ist, wenn wir effizient gegensteuern wollen.
Die gute Nachricht: Im Bericht sind nur Maßnahmen miteinbezogen, die vor dem 1. Jänner 2022 in Kraft getreten sind. Das heißt, manches kommt noch dazu und vor allem: Vieles könnte noch dazukommen. Wenn wir uns – symbolisch gesprochen – einen Pappkarton schnappen und tun, was zu tun ist.
Am 29. März 2023 fand die Anhörung der Klimaklage der Schweizer Seniorinnen vor dem EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) in Straßburg statt. Bis Jahresende darf mit einem Urteil gerechnet werden. Viele hoffen auf ein Grundsatzurteil: Kann ein Staat Menschenrechte verletzen, wenn er nicht genug gegen die Klimakrise tut. Wie auch immer, das Urteil wird weitreichende Signalwirkung haben. Zwei weitere Klagen aus Frankreich und Portugal stehen heuer noch an.
Die KlimaSeniorinnen Schweiz haben sich zusammengetan, um etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen, da ältere Frauen von der Erderhitzung besonders betroffen sind. Auch Kleinkindern und chronisch kranken Menschen kann die Hitze mehr als anderen schaden (Factsheet Gesundheit und Klima). Der Verein zählt inzwischen über 2000 Mitglieder und wird von Greenpeace unterstützt (Unterstützungserklärung hier).
Warum sie klagen: „Die Klimaerwärmung macht Menschen krank. Wir ältere Menschen gehören dazu: Wegen der häufigeren und intensiveren Hitzewellen steigen die Risiken, frühzeitig krank zu werden oder zu sterben, für uns übermässig an. Ausserdem müssen wir heute handeln, um unsere Nachkommen vor noch viel schlimmeren Auswirkungen zu schützen. Wir klagen, weil alles, was uns lieb ist, auf dem Spiel steht.„ (Website)
Auch in Österreich gibt es seit kurzem eine Klimaklage. Zwölf Kinder und Jugendliche klagen beim Verfassungsgerichtshof gegen das unzureichende Klimaschutzgesetz. Unterstützt, beraten und vertreten werden sie von der Rechtsanwältin Michaela Krömer, Fridays For Future und dem Verein CLAW (climate law). Hier ist ein Ergebnis bis Ende Juni 2023 zu erwarten. Wird dem Antrag Folge gegeben, müsste der VfGH bestimmte Teile des Klimaschutzgesetzes als verfassungswidrig aufheben. Dann wäre die Regierung in die Pflicht zu nehmen (Info).
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